16.
Robertus, Richardus und Lasarus essen das morgenmal mit einander; Lasarus kaufft herr Roberto ein haus ab, daran ihm Richart heimlich vil zů steur kumpt.

[161] Die drey gůten herren bliben also bey einander, bis das es umb den morgenimbis ward, sind sie zůsamengesessen und ein gůten můt miteinander gehabt, viel von irem volbrachten scharmützel zů red worden. Es hat auch Reichart dem Lasaro offt gedancket des brüderlichen zůspringens, so er im gethon hat.

Als sie nůn im besten essen gewesen, hatt Reichart gesagt: ›Was wolt ich sein doch schaden haben, das Lasarus etwas näher bey uns gesessen wer! Wie wolten wir doch so[161] gůt früntschafft mit einander haben!‹ Darauff antwurt Lasarus: ›Mein lieber Richarde, wann mich ewer herr schweher wol gemeint und mir sein nebenhaus zů kauffen gebe, dieweil er das nit braucht, wir wolten gnůg nah zůsamenkumen.‹ Daruff sagt Robertus: ›Fürwar, Lasare, es wer ein haus für euch und zů ewerem gewerb gantz ausserwelt. Wo es meinem tochterman gefallen will und ir mir das nach der billigkeit bezalen, will ichs euch zů kauffen geben.‹ Darzů sagt Reichardus: ›Mit mir hats gar nit nodt. Dann so mir die sach allein übergeben, wir wolten des kauffs bald eins worden sein. Dann ich dörfft im das gar für eygen schencken; er hatt auch semlichs wol umb mich verdienet.‹ – Alsbald der alt solche wort vernam, hatt er mit dem Lasaro zůgefaren und ime das haus für ein gelt angeschlagen und im diss also zů seinen handen gefertiget; des sich dann Reichart nit wenig frewet.

Sobald sie das mal volbracht hand, hatt der jung herr Reichart den Lasarum mit im in sein schreibstůben gefürt, einen wolbeschlagnen kasten auffgeschlossen, etlich hundert ducaten in einen seckel gezalt unnd die dem Lasaro geben und gesagt: ›Dise schenck und gab nim von mir, du mein liebster brůder! Dann fürthin disen tag und alle tag soltu mein brůder genant werden, dieweil du mir solche trew erzeigt. Diss gold solt du an disem kauff zů steur haben. Du solt aber dich, sobald dir immer müglich sein mag, schicken, das du zů haus ziehest; von diser schencken aber soltu niemants nichts sagen dann deinem weib.‹ Lasarus sagt Reicharten gar fleissigen danck, erbot sich auch aller underdienstbarkeit sein leben lang gegen im. Reichart aber wolt im nit mer gestatten oder zůgeben, das er in irtzet, sunder solt ihm nicht anderst zůsprechen dann seinem eygenen brůder. Und wiewol das den Lasarum gar saur ankam, so můst er seinen doch zůletst gewonen.

Der gůt Lasarus was in sehr grossen frewden von wegen der gůten beut, so ihm so gantz unversehenlichen zůgestanden was. Er nam urlop von Reicharten, gieng den nächsten zů haus, damit er sein liebe hausfrawen seiner frewden auch theilhafft machen möcht. Er zeigt ir die sach heimlichen an; sie aber wolt ihm erstmals keinen glauben[162] geben, sagt: ›Wie möcht das müglich sein, das dir ein man, so dir noch mir gar nichts verwandt ist, solt eine semliche schencke thůn! Ich glaub wol, er hab dirs geliehen, damit du yetzund von den fremden kaufleuten und zolloriern berlin und edelgestein kauffen mügest.‹ Darauff antwort Lasarus: ›Die ding wirstu, mein liebe hausfraw, bald selb erfaren; und so du mir volgen wilt, wöllen wir in acht tagen mit gottes hilff das new gekaufft haus besitzen. Aber damit du meinen worten mehr glauben gebest, so wöllen wir gleich jetzund beidsamen mit einander gon und dem alten herren Roberto das haus bezalen.‹

Damit nam er mehr gelt zů im, unnd giengen beid mit einander, bezalten das haus und fiengen gleich des anderen tags harnach an ynzůziehen. Des Reichart seer erfrewt ward.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 161-163.
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