2.

Von einem, so in wassersnot sant Christoffel ein groß wechsin liecht verhieß.

[8] Es hat der hochgeleert vnnd lobwirdiger gedechtnuß doctor Erasmus von Rotterdam in seinen Colloquiis beschriben ein grawsamen schiffbruch, denselbigen auch dergestalt heraußgestrichen, also wer den lißt oder hört, dem můß darob grawsen. Under andren, so in solchem schiffbruch unnd fortun gewesen, setzt er von einem, so vilicht ein kauffmann möcht gewesen sein.

Als derselb von andren seinen mittgeferten ein sömlich schreyen und růffen hort; der ein růfft und verhieß sich zů sant Jacob, der ander zů sant Niclaus port, der dritt zů sant Katharinen von Senis. Da waren gar wenig, so zů dem rechten schiffmann růfften, welcher mit seinem betröuwen wind und meer augenblicklich stillen kundt; dise aber, als sy in iren grösten nöten waren, sůcht im ein yeder ein besunderen heiligen. Unnd namlich diser, als er sicht, daß man[8] alles gůt auß dem schiff wirfft, die mast unnd segel zerrissen, die schiffleüt gantz verzagen, ein yeder sicht im umb ein dielen oder brett, damit er sich dem grawsamen wütenden meer ergeben wil, so facht der gůt kerle auch an mit lauter stimm zů rüffen: ›O du heiliger sant Christoffel, hilff mir in disen meinen grossen wassersnöten, damit ich wider ans land kommen mög! Dargegen versprich ich dir ein wechsine kertzen, so lang und groß, als da ist dein bildtnuß zů Pareiß in der hohen kirchen.‹ Disen růff erneüwert er zů mermalen.

Zůletst sagt einer seiner gesellen: ›O mein lieber compani, du versprichst seer grosse ding; dann warlich, wann dein gantze freündtschafft und geschlecht zůsamentheten, haab und gůt daranstrackten, sy möchten das wachß nit bekommen.‹ Diser aber, so zůvor seer laut geschruwen, sagt zů seinem gesellen heimlich in ein ohr: ›Lieber mein gesell, hulff mir nur sant Christoffel ans land, ich wolt mich wol mit im vertragen; er solt ein schandel oder unschlittliecht darfür nemmen.‹

Ach der groben einfalt! Er meint, sant Christoffel hett gewalt, im auß nöten zů helffen, hett auch sein grawsam schreyen unnd růffen, so er gethon, erhört, er aber möcht die wort, so er seinem gesellen heimlich gesagt, nit gehören. O du arme welt, was thůst du!

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 8-9.
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