24.

Von eim, der dem andern halff sein armůt essen.

[31] Ein gůter junger gesell zoch in den krieg, verhofft auch einsmals reych zů werden; und wie aber der krieg nit lang wäret, sunder, wie man sagt, ein loch gewan und die knecht geurlaubt wurden (alß dann offt geschicht, das iren vil on gelt wider heimgeschickt werden), also geschach disem gůten brůder auch. Und wie er also biß heim garden oder bettlen můst, kame er für eines bauren hauß, der saß eben über tisch und asse mit seim gesind unnd kinden zů morgen. Also klopfft im der krieger an dem fenster und begert ein zerpfennig, auff[31] das er mit eeren möcht weiter kummen. Der baur sprach: ›Fürwar, mein gůt gesell, ich hab nit vil zerpfennig hienweg zů schencken; daß gelt ist inn meinem hauß fast theür. Wilt du aber vergůt han, so kum herein und iß mit mir, so gůt ichs hab! So wil ich mein armůt, die mir gott beschert hatt, gern mitt dir theilen.‹ Der krieger hatt seer grossen hunger unnd war fro, das er zů essen kam, setzt sich an den tisch unnd fraß die armůt allein schier gar.

Alß er aber gessen und schier ein haffen mit milch außgetruncken hett (dann da war nit vil wein), sagt er dem bauren grossen danck und zoch also darvon. Und alß er auff die straß kame, gedacht er erst den worten nach, das in der baur über sein armůt geladen hett und sy im so wol hatt geschmeckt, und ward in im selbs lachen unnd sprach: ›Ich besorg, ich werde lang an diser malzeit müssen theüwen.‹ Also wann er darnach über lang gefragt warde, wie es keme, das er nit einmal reich wurde, gab er allweg zů antwort, er hette eim bauren sein armůt geholffen essen, da hette er noch an zů teüwen; wann die verteüwt wäre, so hofft er, darnoch reich zů werden.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 31-32.
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