38.

Von einem pfaffen, der nit wolt leiden, das sein bauren einandern hiessen liegen, sunder so einer ettwan nit die warheit sagt, solt der ander nur mit dem maul wispelen oder pfeiffen, damit diser selbs merckt, das er darneben geredt hette.

[44] Ein pfarrer in eim dorff predigt auff ein zeit seinen bauren gar hefftig wider ir unzüchtig leben, das sie sich also foll soffen: ›Dann aus dem zůtrincken kumpt dann, das ir einandern heissen liegen; demnach so schlagen ir einandern, und geradt ettwan zů eim todschlag. Das kumpt dann alß auß dem, das ir einandern alß freventlich heissen liegen. Darumb will ich eüch gewarnet und gebetten haben, ir welt eüch umb eüwer seelen heil willen darvor hüten und abston. Wann aber alß sich etwan begibt, das ettwan einer ein unwarheit sagt, so mag der nechst by im ettwan mit dem maul pfeiffen, auff das der ander mercke, das er darneben geredt hatt, unnd darvon abston. Das wer fein und brüderlich.‹ Wie er nun der predigen so vil macht, fiengen die bauren sich an zů bessern.

Und nit lang darnach kam dem pfarrer die materi zů predigen, wie gott im anfang alle ding hette geschaffen. Also bedacht er sich auch nit weiter (dann er villeicht die nacht darvor auch nit vast darauff gestudiert hett), hůb an unnd sagt, wie gott der herr den Adam anfencklich, da noch kein mensch noch creatur auff erden were gewesen, auß einem leimklotzen geschaffen hett und in an ein zaun geleint, biß er die Eva auß seim ripp gemacht hette. Also hůb der nechst baur, so bey im stůnde, an und pfiff. Das mercket der pfaff unnd sahe in an unnd sprach: ›Wie ich mein, du meinst, ich liege.‹ Der baur sagt: ›Nein, mein herr. Ich wolt aber gern wyssen, wer den zaun gemacht hette.‹ Der pfaff sprach: ›Do laß ich in umb sorgen; villeicht ist er also behend unnd schnel gewachsen.‹

Demnach lag dem pfaffen nichts mer daran, die bauren lugen oder nit, diewil sy im auch kundten pfeiffen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 44-45.
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