41.

Von einem fůrmann, welcher einem pfarherr nit hundert ostgoten füren wolt.

[49] Gůt, einfeltig, frumb leut findt man noch in aller welt, aber meines bedunckens wenig under den fůrleuten, wie diser fůrmann auch gewesen ist. Es fügt sich, daß ein fůrman über land rollet mit einem leren wagen; der kam für ein kloster, welches entzig im feld lag, darinn hat er ettlich brieff zů lifferen. Alß er nun die brieff überantwortet, befahl der abt im kloster, man solt in heissen außspannen, die pferd in stall füren und füteren, underdeß möcht er auch essen. Diß nam der gůt roller mit grossem danck an, versach sein geül und saß demnach zů den conventbrüdern nider, hat einen gůten můt, zecht im sein haut voll; dann er gedacht wol, die ürten wer schon bezalt, wie dann in den klösteren gewonheit ist.

Nun waß ein alter brauch in dem kloster, daß sy im gantzen land uff sechs oder acht meil alle pfarren mit ostgoten versahen. Zů der zeit waß eben auch ein pfarherr von einem dorff, so auff drey oder vier meilen darvon lag, im gemelten kloster, der dazůmal auch ostgott kauft hat; der hort, das der fůrman durch sein dorff rollen wurd. Darumb er sich dann ettwas zů im gesellet unnd fragt, ob er nit ein drinckgelt nem unnd in mitt im rollen ließ. ›Ja,‹ sagt der roller, ›gern, liebs herrlin. Was habt ir meer zů füren?‹ – ›Nichts sunders,‹ sagt der pfarrherr, ›dann zweyhundert herrgott.‹ – ›So kan ich eüch nit füren; wann ir aber sunst ein faß oder pack hettend, solt mir gar nichts daran gelegen sein.‹ – ›Warumb?‹ sagt der pfaff: ›was irren dich die herrgott auf dem wagen?‹ – ›Lieber herr,‹ sagt der roller, ›wann es einer oder zehen weren, wolt ich ein überentzigs thůn. Wo[49] wolt ich aber zweihundert auff meinen wagen setzen?‹ – ›Nein, lieber roller,‹ sagt der pfaff, ›du verstast mich nit recht. Sy sind nit groß; dann ich trag sy allsampt bey mir in meinem ermell inn einer kleinen büchsen.‹ – ›Ja,‹ sagt der fůrmann, ›sind es solche geschmidige herrgott, so will ich eüch gern fieren.‹ Als sy nun gessen hatten, fůren sy mitteinandern darvon.

Nun hatt der fůrmann seer vil getruncken; underwegen můßt er über einen bühell faren; weiß nit, wie er die schantz übersahe, er warff den wagen umb. Der pfaff ward zornig über in und sagt: ›Wie kanst du mit einem leeren wagen umbwerffen? Wie woltest du erst gethon haben, wann der wagen geladen gewesen weer?‹ – ›Hey,‹ sagt der roller, ›dunckt er eüch dann nitt geladen sein, da einer einen solchen last herrgott fürt und ein schweren, grossen, feißten pfaffen darzů? Gond und besehend eüch umb andere fůr! Ir kumpt mir nit mer auff meinen wagen.‹ Also fůrt er den wagen wider auff und rolt darvon; und můßt der pfaff zů fůß gon.

Dem geschach auch halb recht, diewil im nüt widerfaren was, und dorft dem fůrman auff die weiß außhippen, so er im doch nicht zů lon geben dorft. Diser undanckbaren leüt findt man noch seer vil; so man sy schon sanft dahär treitt biß gen Rom und stalt sy unsauber nider, so ist schon aller danck, fleiß, müy und arbeit sampt dem kosten verloren und vergessen aller vor gethonen gůtthat etc.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 49-50.
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