5.

Von einem abentheürer, der bewert, daß der teüfel zů Costentz und der groß gott zů Schaffhusen, auch die Mary zů Einsidlen und er geschwistert weren.

[13] Zů Einsidlen in dem Schweytzerland hat es [sich] begeben, daß vil leüt, ir walfart zů vollbringen, dahin kommen sind. So hat es sich zůgetragen gegen der nacht in einem wirdtshauß, wie man aß, daß die pilgre haben geredt von der liebe Marie zů Einsidlen, wie sy so gar gnedig were, auch von ir wunderzeichen, die sy gethan hette. Under den pilgren was auch ein gůter gesell geradten, der nit der walfart, sunder seiner geschefften halben dahin kommen was, aß auch mit inen ze nacht. Als nun die pilgre so vil gůts der liebe Marie veryehen, redt er auch das sein darzů, sprechende: ›Wie wirdig schetzen ir sy joch, sy ist mein schwester.‹ So das die pilgre, auch der wirdt erhorten, erstauneten sy über dise red, und ward so lautprecht, daß es dem apt auch kundtgethan ward, welcher disen gůten gsellen, so er vom tisch aufstůnd, fahen und über nacht in thurn legen ließ.[13]

Morndes vor radt mit hefftiger klag den übelthäter gestellen ließ, wie daß diser die liebe wirdige můter gottes geschmecht hette und geredt, sy were sein schwester. Nach langer klag fragt man den übelthäter, was er darmit gemeint hette. Antwortet er: ›Ja, die Mary zů Einsidlen ist mein schwester, und daß noch mee ist, der teüfel zů Costentz unnd der groß gott zů Schaffhausen meine gebrüder.‹ Der radt entsatzt sich ab diser red, unnd stiessen die köpff zůsamen, sprechende: ›Gwiß ist diser ein heiligenschmeher.‹ Der oberist richter fragt in weiter, umb etwas mer auß im ze bringen: ›Wie darffst du die schnöde wort allhie außstossen, so von allen landen yetz pilgre hie sind, welches allenthalben erschallen wirdt?‹ Antwortet der übelthäter: ›Ich hab recht geredt; denn mein vatter ist ein bildhauwer gewesen, der den teüfel zů Costentz gemacht hat, und auch den grossen gott zů Schaffhausen und euwere Mary, auch mich; darumb sind wir geschwistert.‹ Also lachen sy all und liessen in ledig.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 13-14.
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