82.

Einer nam ein par handschu zu lohn und wolt fur ein edellmann in die hell faren.

[105] Auff ein zeit sassen vil guter gesellen vom adel[105] und sunst auch in einer zech, redten von vilerley hendlen und guten schwencken. In dem kam ein guter vogel, ein gartknecht, hinein; unnd als er so ein gute burs bey einander findt, spricht er sie gantz freuntlichen an, wie dann derselben guten knaben gewonheit ist, umb ein zeerpfennig, damit er mit ehren weiter möcht die leut bescheyssen. Die guten junckherren hiessen in an einen ledigen tisch nidersitzen, befalhen dem wirdt, er solt im ein suppen unnd stuck fleisch geben, ein mas wein unnd brot darzu. Das geschache also.

Underdem er also sitzt, isst unnd trinckt, sagen die edlen von irem einkummen, was ein yeder vermögens sey. Under andrem sagt einer under in: ›Mich benůgt an meinem einkummen wol. Mein vater hat mir so vil bauren verlassen, die für mich fronen und arbeyten, müssen mir auch korn und weissen, habern unnd gersten zufüren, desgleichen wein und butter, cappaunen, gens und enten zusampt allem brennholtz, so ich auff meinem haus oder schlos brauchen mag. Zudem hab ich an pfennig gülten auch so vil einkummens, das ich mit guten gesellen mag ein ürten thun. Und das mir am liebsten ist, so bin ich colator über ettlich pfarren und pfründen; dieselbigen pfarrer und caplen müssen für mich betten. So hab ich noch zwo schwestern in einem frauwenkloster, die schreiben mir zu vil malen ir andechtig gebett zu. Dieselbigen hat mein vatter selig allein darumb inn das kloster gethan, das ich mein stat dester bas mag erhalten, sunst hett er in vil zur heimsteur geben müssen, so mir ein grosser abbruch gewesen wer. Mir aber manglet noch eins; wann ich nur einen künd ankummen, so für mich in die hell für, dem wolt ich gern ein gut verehrung thun.‹

Der gartknecht, von dem oben meldung gethon, hatt sein mas weins schon getruncken und was yetz gantz auffgefroren; dann im der wein ein werme bracht hat. Er fieng an unnd sagt: ›Juncker, was wolt ir mir zur besoldung geben? Ich nim den kauff mit euch an und far für euch in die hell.‹ Der edelmann sagt: ›Was wilt du nemen?‹ – ›Nit mer,‹ sagt der gartknecht, ›dann gebendt mir ein gut par hendtschuch, damit ich disen kalten winter mich für dem frost erneren mög, will ich den kauff mit euch eingon.‹ Der edelmann hat zwen gut[106] wölfin hendtschuch an der wand hangen; die nam er darvon, gab sie dem verruchten vogel unnd befalh damit dem wirdt, er solt im noch ein mas wein bringen, wie dann auch geschahe. Er tranck denselbigen auch aus, ward so voll, das er hinder dem tisch entschlieff.

Nun was ein junger kauffmann an der tafel, so kurtz darvor in einem spil ein teufel gewesen was, und hat im ein gar ungehewers kleid drauff machen lassen. Derselbig sagt zu den anderen: ›Mögt ir das leiden, wil ich ein fein faßnachtspil mit disem öden kunden anrichten; ir sollen sein allesammen gnug lachen.‹ Das liessen sie in allsammen wolgefallen. Er schicket nach dem scheutzlichen kleid, legt das an, kam in die stuben, erwuscht den lantzknecht oder gartbruder bey der kartausen, macht in munder und sagt mit grausamer stimm: ›Lantzman, wolauff! Du must mit mir darvon.‹ Der vol zapff, so noch nit gar ermundert was, im auch der wein noch in dem kopf stackt, blicket auff. Als er den kauffman in der gestalt vor im ston sahe, meinet er nit anders, dann es wer der lebendig teufel, erchrack über die mas gar seer und understund zu entlauffen.

Bald erwischt der kauffmann den tropffen und mit im in einen finsteren stal zu, band im alle fier zusamen, darnach schmiert er in gar wol mit einem guten brigel, das im seine lenden gar wol allenthalben erbeert und geschmiert wurden. Der gartknecht, wiewol er ein gar verwegener und leichtfertiger vogel was, so war im doch so angst in solchen nöten, das er gott unnd alle seine heiligen anrüffet und verhies, er wolt hinfür bas sein leben besseren und nit mer so ruchlos sein. Der wein was im auch vor lauter und grosser angst aus dem kopff kommen. Also band in der kauffmann wider auff und jagt in mit guten streichen zu dem stall hinaus. Er saumpt sich nit lang, sprang zu der herberg hinaus, lies seinen tegen unnd hentschuch dahinden; dann im vor grosser angst der frost vergangen was, das in weder an hend noch füs mer frieren ward; lugt stetigs hinder sich, ob im der teufel nicht nachkem. Die andren herren und gest des schwancks genug lachten, und bliben also dem edelman seine hendschuch.

Diser ruchlosen kunden findt man gar vil, so mit solchen[107] freflen worten umbgon, das nit ein wunder were, der hellisch lebendig teufel fürt sie an der stett hin. Ich kenn selbs eine wirdtin; von deren hab ich gehört, und nit nur einmal, sunder offt, das sie sagt: ›Ich weis wol, das ich nit verloren bin. Wann mich schon unser herrgott nit will, ist mein der teufel fro;‹ das mich offt unnd dick wunder genummen, das gott der herr so lang mit seiner rach verzeucht. Ich möcht auch geren ein solchen fasnachtteufel sehen dise verwegne haut mit einem guten brügel beeren, wie diser kauffmann den gartknecht, ob sie doch ir verruchte weiss und verwegne wort lassen wolt.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 105-108.
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