Es ritt ein Ritter wohl durch das Ried.

[177] Es ritt ein Ritter wohl durch das Ried,

Hub an zu singen ein schönes Lied,

Ein Lied mit heller Stimme,

Durch die grünen Berge hin.


Das hörte eine Jungfrau fein,

Sie lag in ihrer Schlafkammer allein,

Und sie flocht ihr Haar mit Seiden:

Mit dem Lanzknecht wollte sie reiten.


Der Lanzknecht hatte sie lieb und werth,

Er setzte sie vor sich auf sein Pferd,

Er führte sie in kurzer Weile

Wohl über die vierundsiebzig Meile.
[178]

Er führte sie über ein Feld, war weit,

Das Feld war mit rothen Rosen bestreut.

Er sprach, Frau Maged, müßt hinten stehn,

Mein graues Pferd ist so müde vom Gehn.


Und warum soll ich hinten stehn?

Hätt' ich meines Vaters Willen gethan,

Dazu meiner Frau Mutter Willen,

So war ich gewesen eine Kaiserin.


Wärt ihr gewesen eine Kaiserin

Und ich eines Markgrafen Söhnlein bin,

So laßt euch die Mühe nicht reuen,

Denn morgen woll'n wir uns freien.


Eh ich werd euer getrautes Weib,

Eh will ich verlier'n meinen jungen Leib;

Eh ihr mich habt zu euer Hausfrauen,

Eh laß ich mir den Kopf abhauen.


Eh sie die Worte zur Hälfte sprach,

Ihr Kopf ihr schon zu Füßen lag.

Mit dem allzuscharfen Schwerte,

Hieb er ihr den Kopf zur Erde.


Er nahm ihren Kopf bei ihrem Haar,

Er warf ihn in den Brunnen, der Brunnen war klar,

Der Brunnen war tief von Grund,

Lieg da du lachender Mund!
[179]

Lieg hie, lieg da, du lachender Mund!

Du hast mich gekostet viel tausend Pfund,

Und so manchen rothen Pfennig von Gold,

Nun bist du ganz abgeschlagen.


Blaues Buch.

Quelle:
Ludolf Wienbarg: Holland in den Jahren 1831 und 1832. Erster und Zweiter Theil, Hamburg 1833.
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