Heue

[7] Durch silberne Halme

Eisiger Scheiben

Dämmert zu mir

Ins Dunkel der Mond. –


Ich bin ein See,

Erstarrt zu Eise,

Darin sich spiegelt

Der traurige Mond;


Dürres Schilf

Zittert und flüstert...

Ich höre dich weinen

Und schluchzen – wie einst. – – –


Einst füllt' ich achtlos

Dir Tage mit Leide,

Bis daß du weintest

Aus schluchzender Brust.


Wohl hab' ich flehend

Geküßt die Thränen,

Doch war's geschehen,

Daß du geweint. –
[8]

Jetzt ist dein Auge

Längst getrocknet.

Doch ewig weinst du

In meiner Seele;


Und ich muß weinen

All deine Thränen,

Geliebtes Antlitz, –

Und noch viel mehr.

Quelle:
Bruno Wille: Einsiedler und Genosse. Berlin 1894, S. 7-9.
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