Auf Ihro Hochedelgebohrnen der Frau Hofrath Trierin zu Glücksbrunn Namens-Tag

[357] Den 9ten des Heumonats 1735.


In andern Namen.


Der Prinz, dem Bathseba den klugen Held gebahr,

Und der, wie Gott gesagt, der frömmste König war,

Erhube seinen Mund mit Andacht in die Höhe,

Zu dem, der unser Glück, Macht, Seegen, Wohl und Wehe

In seinen Händen hat, und bate Andachtsvoll:

Herr! den die Welt verehrt so ich hier leben soll;

So bitt ich, stürz mich nicht in Armuth; doch darneben

Laß mir nicht allzuviel an Gold und Reichthum geben.

Die Ursach steht darbey: Ich möchte, wenn ich reich,

Auf dieser Erden wär, an Sitten lau und weich,

An Andacht und Gebeth und Demuth träge werden,

Und fragen: Wer ist Herr und Herrscher dieser Erden?

Ja wohl, sah dieser Fürst nach seiner Weisheit ein,

Daß es zur Seeligkeit ihm könte schädlich seyn:

Denn die Erfahrung zeigt in nah und fernen Ländern,

Daß Reichthum oft das Herz der Christen kan verändern.

Denn wo vorher Gebeth und Glaub und Demuth war,

Wo sich Bescheidenheit und Liebe offenbar

Nebst mancher Tugend wieß; da kan sich alles legen;

Der Geist wird frech und stolz, voll Hoffart und verwegen,

Der Nächste wird veracht/ es fehlt die Freundlichkeit,

Man setzt die Gottesfurcht und Demuth oft beyseit:

Zumahl wenn hoher Stand bey Schein und Glück sich zeiget,

Wird dadurch unser Geist von Guten abgeneiget.


Allein so schädlich auch der Reichthum öfters ist;

So nützlich ist er auch: Ich sage, wenn ein Christ

Nicht, wie der Heyland lehrt, das Herze daran henget;

Nein sondern klüglich sich mit selbigen vermenget.

Die Gabe ist sehr gut, sie kömmt vom Gott. Allein.

Der schnöde Mißbrauch ists, der uns kan schädlich seyn.

Hingegen, wer sein Gut, das ihm der Herr geschenket,

Mit Dankbarkeit empfängt/ und wie dort Jacob denket:

Herr! ich bin zu gering der Wohlthat, die du mir

So unverdient erzeigt. Zieht man die Hand herfür,[357]

Und schließt dieselbe auf, die Hungrigen zu speisen,

Und keinen Durstigen von seiner Thür zu weisen;

Bedeckt die Nackenden; und theilet dem, der bitt,

Was seine Nothdurft braucht, aus guten Herzen mit;

Sorgt vor das Gottes-Haus, und die an solchem bauen;

Und lässet Geitz und Stolz gar niemahls von sich schauen.

Und wendet Speiß und Trank zur Nothdurft; nicht zur Lust,

Und Uberflusse an; so ist uns ja bewußt,

Daß selbst das heilge Buch, und Gott von solchem saget?

Der ist es, der mich liebt, und ernstlich nach mir fraget.

War nicht dort Abraham groß, reich, und doch ein Held

Des Glaubens? sagt, wie war des Isaacs Herz bestellt?

War es nicht Gott geweyht? war Loth nicht reich und ehrte

Den Schöpfer dieser Welt? Auch Israel vermehrte

Die Zahl der Heiligen. Wie? zeigt nicht Joseph an,

Daß man beym Reichthum auch dem Höchsten dienen kan?

Ein Tugend-Muster ließ dort Boas von sich blicken,

Er lehrte, wie man soll die Dürftigen erquicken.

Elisa, der gar oft bey der zu Sunem blieb,

War ihr zu aller Zeit von ganzem Herzen lieb.

So reich auch Hiob war; so groß Susanna schiene,

Und Judith Gut besaß; war doch fast keine Miene

In ihrem Angesicht, die Gott zuwieder fiel,

Die Demuth, Gottesfurcht war ihrer Wünsche Ziel.

Maria, Lazarus und Martha hatten Güter,

Und waren doch darbey Gottliebende Gemüther.

Der Rathsherr Joseph sah den Heyland Jesum gern;

Er legt ihn in sein Grab, und hieß ihn seinen Herrn.

War nicht Cornelius ein Mann von Glaubens-Stärke?

War er nicht Andachtsvoll und thate gute Werke?

Wer zu des Höchsten Ehr; und Nächsten Dienst sein Gut

Hier anzuwenden sucht, des Herze, Seel und Muth

Ist nicht von Gott getrennt, sein Reichthum kan mit nichten

Der Seele schädlich seyn, noch sie am Ende richten.


Ein solch Exempel zeigt die Hofrath Trierin;

Gott giebt ihr Ehr und Gut; Sie giebt ihm Herz und Sinn

Davor zur Dankbarkeit. Sie suchet sich der Armen,

Betrübt, Verlassenen und Waysen zuerbarmen.

Sie sorgt mit Ernst und Fleiß, daß sie dem Nächsten nützt,

Und ihn in dem Beruf und Nahrung unterstützt.[358]

Den Armen liebet sie gleich ihren eignen Kinde.

Wie liebreich, und wie treu, wie gütig und geschwinde

Ist sie nicht, wenn sie soll den Nächsten Gutes thun?

Ja, die geliebte Hand kan nicht vor Wohlthat ruhn.

Wen speißt und tränkt sie nicht? wen sucht sie nicht zu kleiden?

Und wen versorgt sie nicht? Sie kan durchaus nicht leiden,

Daß man dem, ders verdient, die Lohnung vorenthält,

Dieweil sie weiß, daß dieß dem Höchsten nicht gefällt.

Wie reichlich theilt sie aus? Ihr Mund ist voller lachen,

Der kan den Neider roth, den Lästrer schweigend machen.

Den Hochmuth kennt sie nicht; Sie ist an Demuth reich,

Sie dünket sich nicht groß und schätzt sich andern gleich,

Sie mißbraucht nicht ihr Gut und ihre Ehren-Stelle.

Was sag ich mehr! wie klar, wie feurig, rein und helle

Strahlt nicht die Gottesfurcht aus ihrer Seele raus?

Sie bethet in geheim und auch in Gottes Haus

Vor sich und andere. Sie ehret Gottes Knechte,

Und folget ihrem Rath. Drum saget man mit Rechte

Von dir Geprießne Frau! du wandelst ohne muß,

Mit Lust und Freudigkeit als wie Cornelius.

Ich, die ich fremde bin, hab neulich deine Güte,

Huld, Liebe, Zärtlichkeit und redliches Gemüthe

Verwundernd angesehn. Drum sag ich eben das,

Was selbst dein Glückesbrunn und Haus ohn Unterlaß

Von deiner Tugend spricht: Ein Muster frommer Frauen

Kan man mit Recht an dir, Hochwerthe Räthin! schauen.


Drum kans nicht anders seyn, der Höchste siehet dich

Mit Vaters-Blicken an, und läßet mildiglich

Die Ströme seiner Huld und Güte auf dich fliessen,

Er läßt auch heute dich ein neues Glück geniessen.

Du kanst anjetzt vergnügt dein Namens-Fest begehn.

Dieß muß den Redlichen begegnen und geschehn.

Es freuet sich dein Haus an diesem Seegens-Tage,

Ich freue mich zugleich/ und wünsche Glück, und sage:

Willkommen holdes Licht! daß dieses Fest gebracht.

Der Herr, der über dich mit seiner Liebe wacht,

Der fahr mit seegnen fort, und stärke deine Glieder,

Und bringe diesen Tag dir oft mit Freuden wieder.

Gott schütze den Gemahl, und dein geprießnes Haus,

Kein Unfall presse dir den kleinsten Seufzer aus;[359]

So wird sich dein Gemahl, dein Glücksbrunn auch ergötzen:

Und dieß ist was mich wird in tausend Freuden setzen.


Quelle:
Sidonia Hedwig Zäunemann: Poetische Rosen in Knospen, Erfurt 1738, S. 357-360.
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