[39] Denen Edlen/ Ehrenvesten/ Wohlfürnehmen/ Vor-Achtbahren und Wolgelährten


Herrn Christian Reichbrodt/ Ihr. Churf. Durchl. zu Sachsen wohlverordnetem geheimen Secretarien etc.


Herrn Dietrich/ Herrn Johann/ Petersohn/ Gebrüdern etc.


Seinen Hoch- und Viel-geehrten Herren/ und wehrten vertrauten Freunden.


Edle/ Ehrenveste/ Wohl-fürnehme/ Vor-Achtbahre Wohlgelährte/ Hoch- und vielgeehrte Herren und wehrten Freunde.

Was ich ohngefähr vor drey Wochen einer hohen Persohn so teuer versprochen/ das hat nunmehr die Erfüllung erlanget. Meine Lieder brächen nun gleichsam mit den Rosen bey gegenwärtigem Frühlinge herfür und wollen in dieser anmuthigen Zeit im spatzieren-gehen das lüsterne Frauenzimmer ergötzen/ wo es nur einige Ergötzung daraus schöpffen kan.

Diese Zeit zwar ergötzet genug und geräth männiglich nur bey Betrachtung derselben gleichsam in eine süße Verzückung:[39] Bald empfinden wir eine sonderliche Ergötzung an den wider-hoch-auffsteigenden Straalen der Sonnen; Bald belustigen uns die liecht-blauen Gezelte des Himmels; die anmuthige Blöße der Lufft/ die schöne Tapezereyen der Wiesen und Gärte/ die Kristall-hellen Bäche/ so durch die schattichten Wälder dahin rieseln/ und bey denen das verzuckerte Zwitschern der Vögel/ so sich mit dem lieblichem Gereusche der Bäche vereinbahret.

Dieses alles erwecket eine unaussprechliche Lust. Ob aber diese geringschätzige Lieder dergleichen Ergötzung würcken können/ zweifelt ihr eigner Meister gar sehr; In dem Er in Betrachtung zihet/ die geringen Erfindungen/ die anmuthigkeit der Wort und schlecht-sinnige Reden.

Weil aber offt einem Meister seine eigne Sachen ein Mißfallen und Eckel gebähren/ in dem er Ihm selbige allzugemeine gemacht/ da sie doch anderen höchlich belieben; So wil ich auch meinen eignen Gedancken auff dißmahl nicht zu viel gleuben/ sondern vielmehr frembder urtheil nachhängen und diese meine zusammen gelesene Lieder in diesem kleinen Format der Straaff-süchtigen Lufft darstellen/ weil ich sonderlich einer solchen Lobwürdigen Person hiermit wilfahren sol/ welcher ich dann deßhalben und hierinnen zuförderst alleine gefallen wil.

Daß ich aber meiner hochgeehrten Herren und träfflichen Freunde beliebte Nahmen dieser meiner Frühlings-Lust vorsetze/ geschiehet aus besonderer Freundschafft und Zuneigung gegen Sie; dann auch/weil mich sonderlich ihre gutthätige und freundseelige Naturen darzu gelocket und angetrieben/ lebe ich der wahren Hoffnung/ Sie werden dieses mein unterfangen/ wie gut es gemeinet und ausgegeben wird/ so gut auch annehmen und im besten vermercken. Ein mehres lässet weder mein Vermögen/ noch meine wenige Geschickligkeit zu.

Mein Herr Reichbrodt/ wird hierbey unschwer erkennen/ wie daß ich seine mir fast vor einem Jahr erwiesene[40] Gutthätigkeit gerne erwiedern wolte: da Er mich (zwar unwürdigen) sampt Herrn Brehmen in sein überaus schönes Zimmer zur Taafel geladen/ an köstlichen Trachten nichts ermangeln lassen/ und mir mit solcher Ehr-Bezeugung begegnet/ daß ich bald sagen dörffte/ es sey mir solches noch nie unnd an keinem Orte widerfahren. Es ist mir auch noch in frischer Gedächtnüß das wunderschöne Jungfer-Bild so an einer Thüren des Zimmers entworffen/ darauff ich dann dazumahl heimlich bey mir also spielete:


Wie lebstu? oder nicht? du wunderschönes Bild?

Es macht mich gar verzückt der blancken Brüste Schild:

So offt ich wil die Thür auffmachen/

So offt pflegstu mich anzulachen:


Kan diß der Schatten thun? Was würde wol geschehn/

Wann ich dein ursprungs-Werck lebendig solte sehn?

Ich kan mir fast nicht bilden ein/

Daß du solst ohne Seele seyn.


Ja aller Lust und Ergötzligkeit zu geschweigen/ belustigte mich auch sonderlich die Darzwischen-kunfft unsers H(errn) Hertzogs/ daß ich bißher offt und vielmahls mein wider-sinniches Glücke (welches mich allzuzeitlich von Ihnen nach Norden zu gerissen) schmertzlich betauret. Der Himmel sey Ihnen allen geneuget und günstig! und helffe uns in kurtzen glücklich wider zusammen!

Sie Beyde belangend/ H(err) Dietrich und H(err) Johann Petersohn/ so werden Sie auch hierbey verspüren/ daß Ich die angefangene treue Freundschafft hiedurch zu bekräfftigen und fest zu machen gesonnen/auch des einen tapfferes Gemüthe zu unserer Edlen Poesie mehr zu reitzen als zu erwecken/ Weil Er ohne diß von Natur darzu geschickt und mit außerlesenen Erfindungen und zierlicher Fügung der Worte seinen Liedern eine rechte Anmuth zu geben weiß.[41]

Befehle sie hiermit ingesampt der treuen Auffsicht des gütigen Himmels/ Mich aber in Ihre fernere Gunst-gewogenheit und treue Freundschafft; Der Ich gleichesfals bin und verharre


Meiner Hoch- und Vielgeehrten Herren und treugeflissenen Freunde


Hamburg 27. Tag des Mertzmonats im 1642 Jahre.


Dienst-williger


Philipp Caesius von Fürstenau.

Quelle:
Philipp von Zesen: Sämtliche Werke, 17 Bände, Band 1, Berlin/ New York 1970 ff., S. 39-42.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Angelus Silesius

Cherubinischer Wandersmann

Cherubinischer Wandersmann

Nach dem Vorbild von Abraham von Franckenberg und Daniel Czepko schreibt Angelus Silesius seine berühmten Epigramme, die er unter dem Titel »Cherubinischer Wandersmann« zusammenfasst und 1657 veröffentlicht. Das Unsagbare, den mystischen Weg zu Gott, in Worte zu fassen, ist das Anliegen seiner antithetisch pointierten Alexandriner Dichtung. »Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein. Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein.«

242 Seiten, 11.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon