Erster Auftritt.

[424] Wie sich nun der gnugsam erhellete Schauplatz öffnete, stellete solcher in einem künstlichen Perspektiv die kaiserliche Stadt Konstantinopel mit größter Anmut vor. Indessen, daß sich alle Augen und Gemüter in ihren lustigen Prospekt ergötzeten; wurde die Applikation dieser ferneren Handlung, auf des Reichs Pegu vergangenen Zustand, folgendermaßen in eine höchstbewegliche Musik abgesungen:


1.

Morderfülltes Pegu weine,

Doch, statt Tränen, lauter Blut,

Weil auch selbst die harten Steine

Fühlen deines Henkers Wut.

Deine schöne Morgenröte

Schwärzt ein blutiger Komete.

Xemindo, dein Gemach

Füllt Weh und Ach![424]


2.

Blasse Fürstengeister irren,

Durch die blutbespritzte Stadt,

Und die Totenfessel schwirren,

Wo ein Prinz gewohnet hat.

Frauen, welche Kronen erben,

Müssen an dem Galgen sterben.

Die Kinder folgen nach.

Mord, weh und ach!


3.

Letzter Zweig von Pegens Stamme,

Laß dich krönen die Geduld.

Dämpfe die verdammte Flamme

Durch der Tugend keusches Gold.

Durch dich soll noch Pegu blühen,

Weil sich Prinz und Himmel mühen.

Chaumigrem! dir folgt nach

Mord, weh und ach!


Nach geendigter Musik erschiene Phocas auf einem mit Elefanten bespanneten Triumphswagen, umgeben mit dem römischen Kriegsheere, unter dem Schalle der Trompeten und Pauken. Emilianus ließ den gefesselten Kaiser Mauritium hinter ihm herführen, da sich denn Phocas mit einer hochmütigen Baßstimme folgendergestalt singende vernehmen ließ:


So liegt Mauritius besiegt zu meinen Füßen.

Nun wird das Glücke selbst mein Schwert bedienen müssen.

Ich rühme mich zu sein, mehr als ein irdisch Gott:

Weil ich um meinen Thron in Asche, Staub und Kot

Fußfällig liegen schau, besiegte Völkerscharen,

Die meiner Majestät vorhin zuwider waren.

Schreibt meinen Namen bald ins Buch der Götter ein,

Denn alle Welt soll mir mit Opfern zinsbar sein.

Besiegtes Asien! du mußt gelehret werden:

Daß Jupiter ein Gott des Himmels, ich der Erden.

So mußt du demutsvoll berühren meinen Fuß,

Weil mich dein harter Sinn, als Gott verehren muß.

Es schallet mein Triumph durch Pauken und Trompeten,

Bis zu der blauen Burg, da sich die Sterne röten.

Denn hab ich Asien zur Sklavin mir gemacht,

So hat der Götterschluß auch dies mir zugedacht:

Daß meiner Scheitel Glanz der römsche Lorbeer ziere,[425]

Und auch der Römer Volk erstaunende verspüre:

Es müsse Mavors selbst hier vorgebildet sein,

Wo man des Phocas Bild ätzt Erz und Marmel ein.

Dies Eisen-Labyrinth führt dich ins Haus der Sklaven.

Dich thrakisch Ungeheur: Mich in den Siegeshafen.

Dein krummer Rücken muß mein Siegesbogen sein.

So fähret im Triumph Augustus wieder ein.


Quelle:
Heinrich Anselm von Ziegler und Kliphausen: Die Asiatische Banise. München 1965, S. 424-426.
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