Zweiter Auftritt.

[426] Zu jetzterwähnten Personen kommen Heraclius und Priscus in Fesseln geschlossen.


HERACLIUS im verborgnen.

Ihr Götter, was ist dies?

PRISCUS.

Ach was ist hier vorhanden?

MAURITIUS.

Weil ich mich wider Gott zu kämpfen unterstanden,

Den tollen Riesen gleich; so schickt sein blitzend Arm

Auf mich den Donnerkeil. Ach Himmel dich erbarm!

Du Himmelskönig bist gerecht, und dein Gerichte.

PHOCAS von dem Wagen steigende, und auf den Mauritium tretende.

So wird der Feinde Rat durch meine Macht zunichte.

Der wider mich zuvor so Schwert als Schild ergriff,

Und den verdammten Stahl auf mich vergebens schliff;

Der liegt nunmehr besiegt, entkrönt zu meinen Füßen;

Denn wer Gott Jupitern beleidigt, der soll wissen,

Daß ihn nach Billigkeit verdienter Donner trifft.

MAURITIUS.

Treuloser Hund! nicht du hast diesen Sieg gestift:

Die blinde Göttin nur hat mich dir übergeben,

Die vieler Prinzen Haupt, wenn sie bein Sternen schweben,

Vom Gipfel ihrer Macht in tiefsten Abgrund stürzt,

Die eben hat auch mir so Thron als Ziel verkürzt.

PHOCAS.

Darf der Verräter noch verdammte Wort ausschütten?

Kann dies die Gegenwart des Kaisers nicht verhüten?

Auf, ihr Trabanten auf! ergreift den Frevler bald,

Und übergebet ihn der Bestien Gewalt.

EMILIANUS.

Hier muß die Billigkeit sich selbst gefangengeben,

Daß, welchen stets besaß in seinem ganzen Leben

Die ärgste Grausamkeit, er auf des Charons Kahn

Ach hingerissen wird durch grimmer Löwen Zahn.

HERACLIUS.

Kann dies Heraclius auch wohl geschehen lassen?

Soll so ein großer Prinz durch Bestien erblassen?

Halt inne, Wüterich! und hemme deinen Zorn.

Wo deine Seele ja zur Grausamkeit geborn,[426]

Daß nichts als Mord und Blut dein Henkerherz kann speisen,

So kehre wider mich dein grimmig Mördereisen.

Nur laß dies edle Haupt des Kaisers unversehrt.

Das du Tyranne selbst, als Sklave hast verehrt.

MAURITIUS.

Vergönne, tapfrer Freund, alleine mir zu sterben,

Es soll mein Blut allein das düstre Grabmal färben.

PHOCAS.

Wer bist du toller Mensch, der andre treten will,

Und sich aus falschem Wahn selbst kürzt sein Lebensziel.

HERACLIUS.

Mein Unglück wollte mich in freiem Felde strafen.

Mein Freisein ward umschränkt durch fremde Macht der Waffen.

Kurz: es sei dir genug: ich bin des Phocas Feind.

PHOCAS.

Daß nicht bald Strick und Stahl die frevle Zung umzäunt!

Wir haben keinen so verzweifelt reden hören.

Geschwinde, wer uns will als Gott und Kaiser ehren,

Und wer sich nennt getreu, der werfe diesen Hund

Vor Löw und Tiger hin, daß der verdammte Mund

Bald müsse nach Verdienst so Gift als Seel ausblasen.

Denn weil dies schöne Paar in gleichen Lastern rasen:

So treffe billig sie auch gleiche Straf und Pein,

Und ihr Gelücke soll im Tode gleiche sein.


Indem Mauritius von den Soldaten ergriffen, zugleich auch Heraclius zu dem bestimmten Tode sollte geführet werden, fiel Priscus dem Phocas zu Fuße, (also redende.)


PRISCUS.

Halt, großer Kaiser, halt den Mordbefehl zurücke!

Schau, dieses zarte Kind verdient ein besser Glücke.

Denn Eure Majestät soll wissen, daß dies Bild,

Das sich in diese Last des Helmes hat verhüllt,

Des Kaisers Tochter sei. Ein Rest von denen Zweigen

Mauritii, der sich hier muß in Ketten beugen.

PHOCAS Heraclium betrachtende.

Wie? Träumt mir wachende? Soll dies wohl möglich sein?

Ach ja! mich blendet schon der schönheitsvolle Schein?

Wie huldreich glänzet sie in diesem hellen Stahle,

Mein Herz entzündet sich von ihrer Augen Strahle.

Wohlan! Mauritium begrabe dieser Turm,

An dessen Grunde sich kühlt ab der Wellen Sturm,

Befreiet dieses Bild von Ketten, Band und Eisen,[427]

Und laßt sie in der Burg ins beste Zimmer weisen.

Du aber, schönes Kind, indessen sei bemüht,

Daß lauter Anmuts-Klee auf Lipp' und Wangen blüht.


Quelle:
Heinrich Anselm von Ziegler und Kliphausen: Die Asiatische Banise. München 1965, S. 426-428.
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