Lob der Music

[215] Was ist wohl der Music und ihren Schall zu gleichen?

Nichts auf der gantzen Welt kan ihren Werth erreichen,

Der Ursprung ist ihr ja vom Himmel her bestimmt,

Sie bleibt dasjenige, was gar kein Ende nimmt.

Es muß doch jede Kunst einst mit der Zeit vergehen,

Die aber bleibt auch noch in Ewigkeit bestehen,

Denn in dem Himmel stimmt man Lied und Sayten an,

Weil sie die Ewigkeit gar nicht entbehren kan.

Die Engel müssen ja, wenn wir die Schrifft befragen,

In Salem sich dereinst mit Instrumenten tragen,

Sie werden, wenn man hört das heilig, heilig, schreyn,

In ihren Sayten-Spiel gantz unvergleichlich seyn,[216]

Sie will auch unsrer Welt gantz unentbehrlich heissen,

Ihr Zauber-Thon kan uns viel Nutz und Vortheil weissen.

Sieht sich ein banges Hertz von Kümmerniß bestrickt,

So wird es durch Music gleich wiederum erquickt.

Wenn dort die Raserey den Saul sucht zu verstellen,

Kan Davids Harffen-Klang den Unmuth wieder fällen.

Sie rührt die Furien, denn durch der Sayten Krafft

Hat Orpheus seine Frau dem Pluto weggerafft.
[217]

P. S.


Ihr Zephir! tragt diß Blatt in des von N-- Händen,

Er soll mir alsobald darauf die Antwort senden,

Ob seine Herkunfft auch noch fest beschlossen bleibt,

Und wenn er etwan nicht das: Fiat: darunter schreibt.

So solt ihr mit Gewalt ihn doch nach L-- tragen,

Aurora, bring ihm selbst des Phoebus Roß und Wagen,

Bedeute selbigen und sag ihm diß darbey,

Daß seine Gegenwart gantz unentbehrlich sey.

Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 215-218.
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