Cap. 11.

[1936] 1.

Wir gestehen, daß die Gemein'n, die aus Juden gesamlet seyn, nach der freyheit, die sich gebührt, das gesetz beym Christ conservirt.

2.

Doch unabbrüchlich dem vertraun, mit grossem ernst auf Ihn zu schaun; dazu ermahnete sie schon Malachias in Gotts person,

3.

Als er propheten klein und groß nunmehr versiegelt' und beschloß mit Christi reich, spricht er zuletz: Denkt Mosis, meines knechts, gesetz;

4.

Denn ich gab ihm dasselbige dort selber auf der Horebs höh, so satzungen als straff-befehl, über das ganze Israel.

5.

Wie lang heißt Gott durch Maleach dem gesetze zu denken nach? Bis daß sie lernten seinen brauch und denn sein unvermögen auch;

6.

Und dadurch recht entzündet wärn auf den advent des tags des Herrn, und der buß-prediger Johann des Herrn weg bey den sündern bahn'.

7.

Mit Mosis amt ists also aus, und dies gewohnet sind zu haus, die haltens willig ohn gebot,


Chor.


Weils ihnen auch niemand verbot.[1936]

8.

Die lieben Väter frischten an, wie sie es etwa so einsahn, ihr'n glauben und himmlischen schatz durch die handlungen im gesatz.

9.

Zwar die kirch zu Jerusalem hielt dieses ganz allein genehm, und sonsten keine überall, doch wich ihr Paulus in dem fall;

10.

Lehrt' keinen abfall vom gesetz, ließ sich selbst reinigen zuletz, aus respect vor die andern Herrn,


Chor.


Die das gesetz noch hatten gern.

11.

Er wolte angesehen seyn, als ders gesetz für gut und fein, und nicht für böse gäbe aus,


Chor.


Und das kam in so weit heraus.

12.

Und der Apostel Synodus macht zu Jerusalem den schluß: (so eifrig sie auch drauf bestehn) Die Heiden soll das nicht angehn.

13.

Vielleicht, daß den gläubigen auch aus den Juden der recht gebrauch von der alten gewohnheit her, nicht so gar ohne segen wär.

14.

Denn sie erinnerten sich doch bey des lieben gesetzes joch, was man gegen die schuld und sünd für gnad und gab in Christo find'.

15.

Dahingegen, was schädlichs haft' bey unerfahrner Heidenschaft, die macht es auf die werke schaun, und da nur fleischlich auf vertraun.

16.

Obs vor Christo gelehret sey oder nach, das ist einerley; denn es hat doch immer den schein, als wär im Christ nicht all's allein.

17.

Der gläubig Jude hatte das, weil er in den figuren saß, daß ihn das g'setz-werk nicht bethört, wie die erfahrung auch gelehrt.

18.

Er durfte nicht in furchten seyn, die itzge gnad zu büssen ein, sondern nur in der gnad bestehn, und ins welt-element nicht gehn.

Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 1936-1937.
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