2122.

[1993] Mel. Ey wie so selig schläfest du.


1.

Wir wohnen in der Mutter schooß, wo man vom Lämmelein und dessen creuz, und todes-loos nicht aufhört laut zu seyn.

2.

Der fürsten rath und[1993] heimlichkeit die ignoriren wir, und hielten in verschwiegenheit, was uns davon käm für:

3.

Allein der rath der ewigkeit, der selbst den Gott von Gott, den schöpfer aller welt und zeit, bestimmt zu schmach und spott;

4.

Zu einer menschlichen natur, armseligen geburt, geschwinden flucht nach Zoans flur1, und zimmer-schurz und gurt;

5.

Zum lehrer für ein weniges, und ganz verachtes heer; zur lust des eiteln königes, geschmäht mit grosser ehr;

6.

Bespien, geschlagen ins gesicht, geritzt mit dörnelein, am rükken kläglich zugericht, zerpeitscht, zerdrükt zu seyn;

7.

Das instrument der todes-pein zu tragen ziemlich weit, mit nägeln dran geheft zu seyn, gestochen in die seit;

8.

Ins grab, damit er zu der höll in seinem geiste fahr; dann auferstehn, und seine stell kont nehmen, wo sie war;

9.

Davon durft in der Creuz-Gemein, der braut von Jesu Christ, so lange her kein schweigen seyn, als er verschieden ist.

10.

So gehet denn in neuer kraft, und in der Mutter Geist, und wiederholt der jüngerschaft, wie ihr Gebieter heißt:

11.

Was er für ihre seelen that; wie er sie von dem fleisch erlöset, und begnadigt hat, getreu zu seyn und keusch.

12.

Geht, geht mit ihnen allen hin, und weinet um den freund, wie seine liebe sünderin, bis daß er euch erscheint,

13.

Und ihr den unbeschriebnen strahl der durchgestochnen lend, und der vier heilgen nägel-maal verliebt beschauen könnt.

Fußnoten

1 Jes. 19.


Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 1993-1994.
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