Anilinschwarz [2]

[15] Anilinschwarz. Je nach dem Grade der Oxydation, die das Anilin erfährt, treten verschiedene Produkte auf, deren Zusammensetzung durch die neueren Arbeiten von Willstätter und von Green ermittelt worden sind.

Zunächst entsteht das Leukemeraldin C48H42N8, eine farblose, amorphe Base, beinahe unlöslich in allen Lösungsmitteln, von hohem Schmelzpunkt. Dies geht durch Wasserstoffverlust in das monochinoide Protemeraldin C48H40N8 über, eine blaue Base, die gelbgrüne Salze bildet und in 80 prozentiger Essigsäure mit grasgrüner Farbe löslich ist. Aus diesem bildet sich in derselben Weise das zuerst von Calvert, Clift und Lowe auf der Faser hergestellte dichinoide Emeraldin C48H38N8, eine violettblaue Base, die grüne Salze bildet, sich in Pyridin mit hellblauer Farbe löst und in 80 prozentiger Essigsäure mit rein grüner Farbe löslich ist. Die Salze sind beständig, aber die Base wird langsam an der Luft zur Nigranilinbase oxydiert. Das trichinoide Nigranilin C48H36N8 ist eine blaue Base, die sich in 80 prozentiger Essigsäure mit rein blauer Farbe löst und blaue Salze bildet. Die Base ist beständig, die Salze sind unbeständig und verändern sich leicht zu Salzen des Emeraldins, wobei gleichzeitig Chinon entsteht.

Das durch weitere Oxydation sich bildende vierfachchinoide Pernigranilin C48H34N8 ist eine purpurne Base, die purpurne Salze bildet. Löslich in 80 prozentiger Essigsäure mit violetter Farbe. Die Base und deren Salze sind sehr unbeständig und gehen leicht in die niedrigeren chinoiden Stufen über, wobei gleichzeitig Zersetzungsprodukte entstehen. Keines der genannten Oxydationsprodukte des Anilins bezw. Leukemeraldins ist als Anilinschwarz zu bezeichnen, obwohl die bisher in Substanz hergestellten Anilinschwarz höchstwahrscheinlich aus einer Mischung von Emeraldin bezw. Nigranilin mit verschiedenen Mengen der weiteren Kondensationsprodukte bestehen. In Wirklichkeit sind diese »Anilinschwarze« nicht identisch mit dem wahren, auf der Faser hergestellten Anilinschwarz, das hauptsächlich aus dem »unvergrünlichen Schwarz« besteht. Die Bildungsbedingungen auf der Faser und die Eigenschaften des aufgefärbten Farbstoffs bestätigen die von Green 1908 vertretene Ansicht, daß das echte Anilinschwarz ein bei der Kondensation des Anilins mit den vorerwähnten primären Oxydationsprodukten des Anilins entstandenes Azin oder eine Azoniumverbindung ist.


Literatur: Green, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft, Jahrg. 45 (1912), S. 1955.

R. Möhlau.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 15.
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