Fettigkeit der Schiffe

[263] Fettigkeit der Schiffe. Die theoretischen Untersuchungen über die Fertigkeit der Schiffsverbände, welche neuerdings durch umfangreiche Versuche erhärtet sind, haben die Festigkeitsberechnungen der Schiffsverbände wesentlich erweitert und zum Teil zu neuen Grundanschauungen geführt.

Von besonderer Wichtigkeit ist die Frage geworden, inwieweit man bei der Berechnung der Festigkeit eines Trägers die mit ihm vernietete Beplattung als wirksam ansehen kann. Neuere Untersuchungen beantworten diese Frage dahin, daß man Beplattungen als tragende Teile nur dann in Rechnung ziehen kann, wenn sie keine größeren Abmessungen als etwa die 40 bis 50fache Plattendicke haben oder innerhalb dieser Grenzen wirksam versteift sind, da sonst Knickbeanspruchungen und zur Wellenbildung Anlaß gebende Schubspannungen auftreten. Die Beplattungen des Schiffsrumpfes dürfen daher nur dann zu den durchlaufenden Längsverbandteilen des Schiffsquerschnittes zur Feststellung des Biegungswiderstands gerechnet werden, wenn die obigen Bedingungen erfüllt sind. Ferner hat sich ergeben, daß der Einfluß des Wasserdrucks auf die Beplattungen im Boden wesentlich größer ist, als man bisher angenommen hatte, und daher für die Festigkeitsberechnung nicht vernachlässigt werden darf. Anderseits sind die Querschiffsbeanspruchungen des Schiffsrumpfes von geringerer Bedeutung und beruht die Querfestigkeit fast nur auf den Schotten.

Diese Untersuchungen haben nun dahin geführt, die Längsspantenbauart nicht allein im Kriegsschiffbau, sondern auch mit Erfolg im Handelsschiffbau – sogenanntes Isherwood-System – in weitestem Maße durchzuführen. Durch die knickfeste Ausgestaltung der Beplattungen mit Hilfe zahlreicher Längsspanten können die Plattendicken herabgesetzt werden und ergibt sich durch eine streng durchgeführte Längsspantenbauart dementsprechend eine wesentliche Gewichtsersparnis. Allerdings darf die Herabsetzung der Plattendicke nicht so weit gehen, daß die Schubbeanspruchung in der neutralen Faser zu groß wird. Auch die Berechnung der Querfestigkeit und lokalen Festigkeit des Schiffes im Dock sowie die Beanspruchungen durch Einzelkräfte, wie den Rückstoß der Geschütze, haben zu wichtigen Aenderungen in der Bauweise des Schiffsrumpfes geführt.


Literatur: [1] F. Pietzker, Festigkeit der Schiffe, Berlin 1911. – [2] J.H. Biles, The design and construction of ships, London 1908. – [3] J.W. Isherwood, A new System of ship construction, Engineering 1908, I, S. 830.

T. Schwarz.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 263.
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