Gerbstoffe [2]

[250] Gerbstoffe. Der Gerbstoff wurde seit geraumer Zeit nur noch in verhältnismäßig geringer Menge im Inlande gewonnen, weil es billiger war, Gerbmaterial zu importieren. Der Gerbstoff gehört aber zu den Substanzen, die wir im Inlande gewinnen können. Es geschieht dies vorwiegend aus den Eichenschälwaldungen, wo die Gerbrinde die Hauptnutzung bildet. In Deutschland sind 440000 ha Eichenschälwälder vorhanden. Da man als Jahresausbeute pro Hektar 110–500 kg rechnet, würden im letzteren Falle bei einem im Durchschnitt 10jährigen Bestande 2,2 Millionen Tonnen Eichenlohrinde zur Verfügung stehen. Die Bayrische Rindenverteilungsgesellschaft konnte bis 1917 1 Million Zentner Fichten- und 300000 Zentner Eichenrinde dem Markt zuführen. Aus der Gerbrindenernte 1917 sind dem bayrischen Volksvermögen 8 Millionen Mark zugeflossen.

Im echten Kastanienholz, Castanea sativa, aus Südsteiermark Stellte die Wiener Versuchsanstalt für Lederindustrie 8–9%, in bosnischem Kastanienholz 9–10% Gerbstoff fest; ein Kastanienholz aus Südtirol besaß sogar 12,73% Gerbstoff. Der Gerbstoff findet sich vor allem in dem parenchymatischen Gewebe des Kernholzes, und zwar enthalten 80 jährige Bäume die größte Menge Gerbstoff. Der namentlich bei der Faßgerbung gebrauchte Kastanienholzextrakt besteht aus 30,91% löslichen Gerbstoffen, 6,21% Nichtgerbstoffen, 0,42% unlöslichen Stoffen, während Eichenholzextrakt bei gleichem Wassergehalt nur 24,5% Gerbstoffe, dagegen 12,5% Nichtgerbstoffe aufweist. Von einheimischen Gerberinden, die unter gewöhnlichen Verhältnissen in Deutschland gar nicht oder nur sehr wenig verwendet wurden, sind noch zu nennen die Weiden-, Birken-, Lärchen- und Nußbaumrinde.

Einst Gilg und Julius Schuster.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 250-251.
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