Halo- und Kranzerscheinungen

[362] Halo- und Kranzerscheinungen sind optische Phänomene in der Atmosphäre, die durch die in ihr nicht stets enthaltenen suspendierten trübenden Körperchen, Eiskristalle oder Nebeltröpfchen, hervorgebracht werden.

Man bezeichnet als Haloerscheinungen solche, die nur durch Brechung und Reflexion erzeugt werden, während die farbigen Kränze nur durch Beugung hervorgebracht sind. Sie erscheinen um den strahlenden Körper (Sonne oder Mond, auch um die Venus zu Zeiten ihrer größten Helligkeit), letztere auch um dessen Gegenpunkt gruppiert, in welchem Falle sie als Brockengespenst, auch als Glorie bezeichnet werden.

Die Halos können sehr komplizierte Gebilde am Himmel hervorrufen, die sich aufbauen aus Kreisen (Ringen) oder Bögen, deren Mittelpunkt die Sonne ist und die Durchmesser von 22°, 46°, 90° aufweisen; auch elliptische Ringe sind beobachtet; Horizontalkreis durch die Sonne; berührende Bögen mit Mittelpunkten, die nicht mit der Sonne zusammenfallen: Neben- oder Gegensonnen (Schnittpunkte der Bögen); Lichtsäulen oder Lichtkreuze. – Die vollständige Zurückführung aller dieser Phänomene auf die Brechung und Reflexion des Sonnenlichts an schwebenden Eiskristallen gaben Galle [2] und Bravais [3].

Die durch die Beugung hervorgerufenen farbigen Kränze um Sonne und Mond sind je nach der Größe der sie erzeugenden Teilchen von wechselndem Radius. Stets ist der innere Rand blau, der äußere rot, wodurch sie sich als ein reines Beugungsphänomen ausweisen. Man hat bis zu drei oder vier konzentrische Ringe zugleich beobachtet. Aus dem Durchmesser der Ringe lassen sich die Durchmesser der sie erzeugenden Teilchen berechnen.

Nach dem Ausbruche des Krakatau im Jahre 1883 zeigten sich auf der ganzen Erde zahlreiche meteorologisch-optische Erscheinungen, unter denen der Bishopsche Ring, der als rotbraune Kreisfläche von ca. 22° Radius die Sonne umgab, auf die Beugung des Lichtes an den in die höchsten Schichten der Atmosphäre hinaufgeschleuderten feinsten Teilchen vulkanischer Asche zurückzuführen und daher den Kranzerscheinungen zuzuzählen ist. Die Dimensionen dieser Teilchen berechnen sich aus dem Kranzradius auf etwa 1/2 Tausendstel eines Millimeters.


Literatur: Darstellungen und Beschreibungen von bemerkenswerten Halo- und Kranzerscheinungen aus alter Zeit sind in Hellmanns »Neudrucken«; bei Messerschmitt, Ann. d. Hydr. 28, 32, 1900; Meteorol. Zeitschr. 18, 120, 1901; und in [1] J.M. Pernter, Meteorologische Optik, Wien und Leipzig 1910, S. 214 ff., sowie fortlaufend in den Bänden der Meteorol. Zeitschr. zu finden. – [2] Pogg. Ann. 49, 1 u. 241, 1840. – [3] Mémoire sur les Halos, Journal de l'école polytechnique, t. XVIII, Paris 1847.

R. Ambronn.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 362.
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