Metamorphismus

[411] Metamorphismus, die Erscheinung, nach der ein vorhandenes Gestein durch eine geologische Ursache, die von der erfolgten ursprünglichen Bildung desselben unabhängig ist, eine derartige Veränderung erfährt, daß ein wohlcharakterisierter neuer Gesteinstypus entsteht.

Die Veränderungen sind chemischer, mineralischer und struktureller Natur. Rein chemische Veränderungen durch Einwirkung der Atmosphärilien, also Verwitterung und Zersetzung, werden nicht als metamorphe Erscheinungen angesehen. Wird ein Gestein von einem noch in schmelzflüssigem Zustand befindlichen Magma berührt, so erzeugt letzteres durch seine Wärme, durch die Dauer der Einwirkung und die Größe seines Volumens Veränderungen am ersteren, deren Größe von der stofflichen Beschaffenheit, der Wärmeleitungsfähigkeit und seinem Volumen abhängt. Diese Umbildung nennt man Kontaktmetamorphismus. Die Veränderungen sind teils kaustische (Brennen, Fritten, Schmelzen des vom Magma berührten Gesteins, z.B. bei Schiefertonen, Sandsteinen), teils Neubildungen von Mineralien auf chemischem Wege bei der Berührung von Kalksteinen durch kieselsäurereiche Magmen (Bildung von Kalksilikaten), teils molekulare Umlagerungen eines Gesteins ohne wesentliche stoffliche Veränderung, z.B. Ueberführung von dichten in körnigen Kalkstein, Verkokung oder Graphitisierung von Kohle. Geraten Bruchstücke eines Gesteins in ein Magma hinein, so daß sie von ihm ganz umhüllt werden, dann sind die Kontakterscheinungen stärker als bei einseitiger Berührung.

Als Dynamometamorphismus bezeichnet man diejenigen Umänderungen, welche durch Gebirgsdruck, durch Pressung, Stauchung, Verquetschung, Auswalzung, Reibung, Zertrümmerung erzeugt werden. Die Gesteine erleiden hierbei in ihrer Konsistenz und Gleichförmigkeit Veränderungen, welche die einzelnen Gemengteile nach Gestalt, Elastizitätsverhältnissen und in ihrem gegenseitigen Zusammenhang treffen; ein gleichmäßig körniger Granit kann in ein geschiefertes, gneisartiges Gestein umgewandelt werden. Neben den rein mechanischen Wirkungen äußern sich auch noch andre durch den Einfluß der bei den mechanischen Veränderungen frei werdenden Wärme. Sie erzeugt in Verbindung mit vorhandenen Lösungsmitteln unter hohem Druck auch chemische Veränderungen, ähnlich denjenigen des Kontaktmetamorphismus.


Literatur: Zirkel, F., Lehrbuch der Petrographie, 2. Aufl.; Leipzig 1893, I, 572, 583, 603; Reyer, E., Theoretische Geologie, Stuttgart 1888; Weinschenk, E., Allgemeine Gesteinskunde, Freiburg i. B. 1902.

Leppla.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 411.
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