Granit

[606] Granit, in der Gesteinskunde ein körniges, aus Quarz, Feldspat und Glimmer begehendes Gestein.

Von dem mineralisch gleich zusammengesetzten Gneis unterscheidet sich der Granit durch sein nach allen Seiten richtungslos körniges, nicht schichtiges Gefüge. Die Glimmerblättchen sind nicht wie beim Gneis parallel angeordnet, sondern regellos verteilt. Der Quarz der Granite erscheint gewöhnlich farblos oder grau, zuweilen etwas getrübt durch zahllose und sehr kleine Flüssigkeitseinschlüsse oder durch feinverteiltes Eisenerz rötlich oder bräunlich gefärbt. Zumeist besitzt er keine äußere Kristallbegrenzung. Als Feldspat sind gewöhnlich Orthoklas und Plagioklas vorhanden, ersterer allerdings am häufigsten. Beide sind frisch, klar und durchsichtig, umgewandelt meist jedoch trüb, entweder durch sehr kleine Gas- und Flüssigkeitseinschlüsse oder infolge der Zersetzung durch Neubildung von Kaolin oder Muskovit. Die Feldspatkörner zeigen oft äußere Kristallform, sind milchig weiß, gelblich, grünlich oder rötlich gefärbt. Als Glimmer sind Muskovit und Biotit vertreten, beide einzeln oder zusammen nebeneinander. Ersterer widersteht lange der Verwitterung, dieser sehr wenig. Biotit blättert sich auf, scheidet Eisenerz aus und geht in Chlorit über. Neben den Hauptgemengteilen kommen noch Hornblende und Augit, dieser allerdings selten, als charakteristische Gemengteile vor. Titanit, Apatit sind immer, Zirkon, Turmalin, Andalusit zuweilen vorhanden.

Die regellos körnige Struktur der Granite wird nur in untergeordneten Fällen abgeändert. Treten die Glimmerblättchen in parallele Lage zueinander, dann werden Uebergänge in Gneis erzeugt; bilden einzelne Gemengteile größere kristallographisch begrenzte Einsprenglinge in einer sonst äußerlich gleichmäßig beschaffenen Grundmasse, so entsteht Granitporphyr. Ist der Quarz in den Feldspat wie verzapft oder zackig eingewachsen, so entsteht die pegmatitische (granophyrische) Struktur. Solche Gesteine heißen Pegmatite, Pegmatitgranit, Schriftgranit, Judenstein. Die Größe des Korns bewegt sich für gewöhnlich zwischen 1 und 5 mm. Größeres Korn kommt selten vor, wenngleich bei den porphyrischen Arten Feldspate bis zu 10 cm Länge haben können. Als Riesengranit werden außergewöhnlich grobkörnige Gesteine bezeichnet. Blasige und zellige und daher Mandelsteinbildungen fehlen durchschnittlich den Graniten.

In der Natur bilden die Granite meist runde, stockförmige Gebirgsmassen, deren Material in glutflüssigem Zustand zwischen die Schichten eingepreßt wurde. Der Gehalt an lösenden Flüssigkeiten, die Temperatur zur Zeit der Erstarrung und vielleicht der Druck müssen sehr hoch gewesen sein, damit das Magma durchaus und gleichmäßig körnig kristallisieren konnte. Wenn man auch die ursprünglich feurig-flüssige Natur nicht leugnet, so unterscheiden sich die Granite nach Struktur und Kristallisation sehr viel von den jungen Eruptivgesteinen. Namentlich auch das Verhältnis des Granites zum ähnlich zusammengesetzten Gneis ist nicht aufgeklärt. Die außergewöhnliche Höhe der Temperatur des Granitmagmas und sein Reichtum an gasförmigen und flüssigen Bestandteilen wird bewiesen durch die weitreichenden Veränderungen (2 km), die Granite in den sie umgebenden Tonschiefern hervorbringen. Außer den stockförmigen Gebirgsmassen bildet der Granit noch Gänge. Sie erzeugen mannigfach Veränderungen im Nebengestein, führen Brocken desselben in verändertem Zustand und zeigen Verschiedenheiten der[606] Korngröße (dichter am Salband als im Innern). Manche gangförmigen Ausläufer (Apophysen) von stockförmigen Graniten haben ein ganz seines bis dichtes Korn und gehen in Felsitporphyre über. In den kristallinen Schiefem, und zwar eigentlich nur im Gneis, bildet Granit Lager zwischen den Gneisschichten. Die Hauptmasse der Granite entstand zur Zeit der Bildung der kristallinen Schiefer und ist von ihnen eingeschlossen, doch fanden in den älteren Formationen bis in die untere Steinkohlenformation noch zahlreiche Graniteruptionen statt. In einigen Gegenden (Pyrenäen) fallen noch jüngere Granite auftreten.

Die Absonderung der Granite ist meist plump prismatisch oder säulenförmig. Liegen die Säulen wagerecht, so entsteht eine bankförmige Absonderung. Je seiner das Korn ist, desto enger treten die Absonderungsklüfte aneinander, desto kleiner wird das Bruchstück. Die Wasserfassung beträgt im satten Zustand 0,2–0,7%. – Die Granite gehören durch ihren hohen Quarzgehalt zu den an Kieselsäure reichsten Gesteinen (zwischen 60 und 82%). Der Gehalt an alkalischen Erden (Kalk und Magnesia) ist meist sehr gering, dafür derjenige an Kali und Natron ziemlich beträchtlich. Man nimmt im Mittel eine Zusammensetzung aus 72% SiO2, 16% Al2O3, 1,5% Fe2O3 + FeO, 1,5% CaO, 0,5% MgO, 2,5% Na2O, 6,5% K2O an. Das spez. Gew. schwankt zwischen 2,6 und 2,73. Die Härte der Gemengteile ist beim Quarz 7 und beim Feldspat 6, beim Glimmer dagegen 2. Hinsichtlich der Mengenverhältnisse der einzelnen Hauptgemengteile ist zu bemerken, daß der Feldspat in der Regel vorherrscht, Quarz an zweiter und Glimmer an dritter Stelle folgt. Im Mittel bestehen die Granite aus 30% Quarz, 55–60% Feldspat und 10–15% Glimmer. – Bei der Verwitterung der Granite werden meist nur Feldspat und dunkler Glimmer angegriffen. Letzterer wird gebleicht, blättert sich auf, und wenn zu gleicher Zeit der Feldspat in Kaolin umgewandelt ist, zerfällt das Gestein zu einem lockeren Grus (Rapakivi, Treberstein), der aus unzersetzten Granitbröckchen, Quarzkörnern und Ton besteht. Quarz widersteht außerordentlich lange den Einflüssen der Verwitterung, besonders der Lösung; das läßt sich auf den verwitterten Felsflächen an dem Hervorstehen der Quarzkörner erkennen. Feldspatreiche Granite liefern oft einen mit Quarz vermengten Kaolin (Chinaclay von St. Austell in Cornwall, Kaolin von St. Yrieix bei Limoges). In chemischer Beziehung zeigen die verwitterten Granite eine Abnahme des Gehalts an Kalk, Natron und Kali, dieses in geringerem Maße als Natron. Diese Verbindungen sind als kohlensaure in Lösung gegangen und fortgeführt worden, der Wassergehalt ist wie derjenige an Kieselsäure gestiegen. Die Verwitterung beginnt meist von den Ecken und Kanten der Blöcke, also von den Klüften aus. Dadurch, daß hier das Gestein zuerst zerfällt, entliehen die runden Formen der Granitfelsen. Das gewöhnliche Endprodukt der Verwitterung der Granite ist ein quarzreicher und durch Brauneisenerz gelb gefärbter Ton oder Lehm. – Vorwiegend nach ihrem mineralischen Bestand teilt man die Granite ein in: 1. Eigentlichen Granit, zweiglimmeriger Granit, aus Feldspat, Quarz, Muskovit und Biotit. 2. Muskovit-Granit, aus Feldspat, Quarz und Muskovit bestehend. Sie sind ziemlich selten. Hierher gehören die Pegmatite, groß- bis grobkörnige Muskovitgranite von gangartigem Auftreten. Sie enthalten zahlreiche Mineralien. 3. Biotit-Granit, Granitit, aus Feldspat, Quarz und Biotit bestehend, häufig noch Hornblende enthaltend. Diese Art ist die häufigste. 4. Hornblende-Granit mit Feldspat, Quarz und Hornblende als Hauptgemengteile, häufig auch mit Biotit. Dazu kommen noch einige weniger wichtige Abarten, wie Aplit (Halbgranit, Granitello), ein glimmerarmer, aber an Feldspat reicher Granit, Protogingranit oder Alpengranit, ein Biotit und grünen Chlorit (Sericit) in dünnen Häutchen führender, etwas schieferiger Granit. Als Strukturvarietäten sind anzusehen: der Granitporphyr, enthaltend Feldspat und Quarz als Einsprengling in einer Feldspat, Quarz und Glimmer enthaltenden körnigen Grundmasse; hierher gehört auch Haplophyr und der augithaltige Aschaffit. Der Schriftgranit (Judenstein) ist ausgezeichnet durch das Hieroglyphen oder hebräische Schriftzeichen nachahmende Verwachsen des Quarzes mit Feldspat.

Die Verwendungsart des Granits als Baumaterial ist bedingt durch seine Färbung, seine Politurfähigkeit, seine Fertigkeit und seinen Widerstand gegen Zersetzung und Verwitterung. Die Färbungen des Granits werden im allgemeinen durch die Farbe des Feldspats und des Glimmers sowie dessen Menge bedingt. Der frische Feldspat ist an und für sich farblos; aber nur selten findet man den Feldspat frisch, meist ist er durch Verwitterung getrübt. Hierbei werden durch mehr oder minder starke Oxydation und Hydratisierung des in ihm oder im Granit enthaltenen Eisenerzes die Färbungen des Feldspates erzeugt, welche ins Gelbe, Braune und Rote überspielen. In einzelnen Fällen nimmt er auch hellgrüne Töne an. Der dunkle Glimmer trägt durch zahlreiches Erscheinen zu einer Dunkelung des Gesteins bei. Auch Quarz, an und für sich farblos, wird durch auf Rissen eingedrungenes Eisenoxyd rot gefärbt; für gewöhnlich bedingt er die blaßblauen Töne des Gesteins. Muskovitgranite sind demgemäß licht, grau oder gelblich, bläulich; ihr Glimmer zeigt weiße, perlmutterglänzende Flächen und Reflexe. Biotitgranite sind im allgemeinen dunkler, grau, graublau, gelb, rot und rotbraun, aber auch sehr hell, wenn der Feldspat hell ist und der Glimmer an Menge zurücktritt. Ist der Glimmer oder die Hornblende chloritisiert, so erhält das Gestein noch grüne Färbungen. Auch die Hornblendegranite besitzen dunkle Färbungen. – Für die Politurfähigkeit des Granits kommt in Betracht, daß die Härte der beiden Hauptgemengteile nicht weit auseinander liegt (6–7). Stark umgewandelte Feldspate werden eine schöne Politur verhindern, ebenso der Glimmer, welcher keine Politur annimmt. – Die hohe Druckfestigkeit des Granits wird durch den reichen Gehalt an Quarz bedingt, ferner durch die Frische des feldspatigen Gemengteils und durch die Gegenwart von Hornblende. Glimmer, insbesondere Biotit, ist nicht geeignet, die Druckfestigkeit zu erhöhen. Seine chloritische Umwandlung hebt diesen Nachteil wieder etwas auf. Die Druckfestigkeit der Granite wird sich im Mittel zwischen 1000 und 1500 kg pro 1 qcm bewegen; sie geht in wenigen Fällen noch über 2000 kg hinaus. Im allgemeinen ist sie trotz des hohen Quarzgehaltes keine sehr hohe, und wie es scheint, beeinflussen das grobkörnige [607] Gefüge und die Sprödigkeit der Gemengteile die Festigkeit nicht in günstigem Sinn. Schieferige oder durch Druck veränderte Granite widerstehen Druck und mechanischem Zerfall weit weniger als unveränderte. Gegen Diabas und Basalt stehen Granite in ihrer Verwendbarkeit zum Straßenbau (Pflaster und Beschotterung) zurück. Die Abnutzungsfähigkeit ist eine größere. Dagegen bleibt die Oberfläche des Granitpflasters stets rauh und der Reibungswiderstand groß, was die Verwendung als Belagmaterial für Bürgersteige, Flure u.s.w. begünstigt. Für die Benutzung zur Herstellung von. Packlagen für Straßen und den Oberbau von Eisenbahnen besitzt der Granit große Vorzüge durch Festigkeit und Widerstand gegen Verwitterung. Letzterer ist ein sehr großer und erleichtert die Verwendung für Wasserbauten, Sockel und Grundmauern von Monumentalbauten. Treppenstufen, Bordschwellen, Tür- und Fenstergewände, Fußbodenplatten, Werksteine aller Art, Verkleidungen für Mauern, Grenz- und Prellsteine, Gruftplatten, Wassertröge, Mühlsteine, Ackerwalzen, Säulen u.s.w. werden aus Granit verfertigt. – Die Verwitterung des Granits liefert einen lockeren Grus und Sand, welcher zur Beschotterung von Fußwegen und Bahnsteigen und zur Mörtelbereitung verwendet wird. Das endliche Umwandlungsprodukt, der quarzreiche Kaolin, wird je nach seiner Reinheit zur Herstellung von Ziegeln, Schamottesteinen oder Porzellan gebraucht.


Literatur: Kalkowsky, E., Elemente der Lithologie, Heidelberg 1886; Zirkel, F., Lehrbuch der Petrographie, Bd. 2, 2. Aufl., Leipzig 1894; Roth, J., Allgemeine und chemische Geologie, Bd. 2 u. 3, Berlin 1887 u. 1890; Dietrich, E., Die Baumaterialien der Steinstraßen, Berlin 1885; Herrmann, O., Die technische Verwertung der Lausitzer Granite, Zeitschr. f. prakt. Geologie 1895, S. 483; Koch, H., Die natürlichen Bausteine Deutschlands, Berlin 1892; Bauschinger, J., Mitteilungen aus dem mech.-technischen Laboratorium der Kgl. Techn. Hochschule in München, Heft 10 (1884), 11 (1884), 18 (1889), 19(1889), München; Mitteilungen aus den Kgl. techn. Versuchsanstalten in Berlin, 1883, I, 2. u. 4. Heft; 1885, III, 1. Heft; 1892, X, 5. Heft; Herrmann, O., Steinbruchindustrie und Steinbruchgeologie, Berlin 1899.

Leppla.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 606-608.
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