Absonderung

[32] Absonderung, die Eigenschaft der Gesteine, bei der Lösung des inneren Zusammenhanges bestimmte Formen anzunehmen.

Sie ist entweder die Folge der Zusammenziehung oder der Erkaltung, der Austrocknung, des Gebirgsdruckes oder auch der chemischen Umwandlung; in den beiden ersten Fällen eine primäre, bei der Entstehung des Gesteins auftretende, in den letzteren Fällen eine sekundäre Erscheinung. Während die Spaltung (s. Spaltbarkeit) nur bei den kristallisierten Mineralien vorkommt, tritt Absonderung nur bei Gesteinen auf, die sich aus mehr oder minder regellos gemengten Mineralien oder kristallisierten Substanzen aufbauen. Sie beschränkt sich also im großen und ganzen auf die massigen Gesteine; doch spricht man auch bei den geschichteten von Absonderung. Die Absonderungsflächen sind meist ziemlich eben, selten gebogen, aber immerhin rauh; sie durchschneiden die einzelnen Gemengteile in ihrer Ebene oder auch nach der Spaltung des betreffenden Minerals und sind vielfach mit einem dünnen Ueberzug von Zersetzungsprodukten des Gesteines (Kalkspat, Quarz, Erzen u.s.w.) bedeckt und kenntlich gemacht. An verschiedenen Stellen eines Gesteinkörpers wechselt oft die Form der Absonderung; lehr häufig ändert sie sich mit der Struktur des Gesteins oder am Ausgehenden desselben, in diesem Falle wahrscheinlich infolge von chemischen Umwandlungen. Bei Ergußgesteinen (Laven) ändert sie sich mit dem größeren oder geringeren Gehalt an Blasenräumen. Zersetzung und chemische Umwandlung verkleinern durchgehends das Maß der durch Absonderung geschaffenen Gesteinsbruchstücke. Nach den verschiedenen Gestalten der letzteren unterscheidet man: säulenförmige Absonderung, wenn das Gestein in mehr oder minder langgestreckte prismatische Stücke zerfällt. Die Zahl der Seiten- oder Prismenflächen ist wechselnd, 3 bis 9, gewöhnlich 4, 5 oder 6, so daß der Querschnitt ein nicht allzusehr in irgend einer Richtung in die Länge gezogenes Vier-, Fünf- oder Sechseck darstellt. Die Länge der Säulen hängt von der Mächtigkeit des ganzen Gesteinkörpers (Lagers oder Ganges) ab. Haben Querrisse einen annähernd gleichmäßigen und die Dicke der Säulen nicht wesentlich übersteigenden Abstand, so entsteht besonders bei beginnender Zersetzung eine ausgezeichnete Quergliederung (Käsegrotte von Bertrich). Werden die Säulen im Verhältnis zur Länge dicker, so bezeichnet man die Absonderung auch als pfeilerförmig. Die Säulen sind in der Regel unter sich parallel angeordnet und ihre Längsrichtung senkrecht auf die Grenzfläche des eruptiven Lagers oder Ganges gestellt; nicht allzuselten ordnen sie sich auch fächerförmig an. Bei eingepreßten Eruptivgesteinen, Gängen und Lagergängen scheint die säulenförmige Absonderung häufiger zu sein als bei ergußförmigen Eruptivgesteinen.[32] Bei Hark blasigen und mandelsteinartigen Gesteinen wird sie sehr selten beobachtet. In regelmäßigster Weise zeigt sie der Basalt. Hier werden die Säulen bei geringer Quergliederung häufig ohne jede weitere Bearbeitung zu Geländern für Straßen, Abweisern (Eckenschutz), Wegweisern, zu Ufer- und Dammbauten verwendet (Basalte Hessens, des Siebengebirges u.s.w.). Bei Trachyten, Melaphyren, Porphyriten, Pechsteinen, Kersantiten u.s.w. fehlt die säulenförmige Absonderung keineswegs. Sie ist zweifellos eine Erstarrungserscheinung [2], [3]. – Parallelepipedische Absonderung trifft man häufig bei Schichtgesteinen, besonders bei Sandsteinen. Sie entsteht hier dadurch, daß eine Schicht von zwei Richtungen unter lieh paralleler Klüfte durchsetzt wird. Wenn die beiden Richtungen nahezu senkrecht zueinander und zur Schichtfläche stehen, bezeichnet man die Absonderung als eine quaderförmige, weil das Gestein in große, annähernd rechtwinklige Parallelepipede oder Quader zerfällt. Die Ursachen dieser Absonderung sind bei Schichtgesteinen oft Austrocknung, häufiger aber Gebirgsdruck, Pressung in der Nähe starker Störungen und Verwerfungen [1]. Sind die Absonderungsflächen in keinerlei gesetzmäßigen Richtungen zueinander angeordnet, so wird die Absonderung als unregelmäßig polyedrisch bezeichnet. Ihre Formen besitzen immerhin glatte Flächen und schaue Kanten. Sie tritt am häufigsten bei Eruptivgesteinen auf und ist auf die gleichen Ursachen wie die der säulenförmigen Absonderung zurückzuführen. – Plattige Absonderung zeigen viele eruptive Gesteine (Phonolithe, Felsitporphyre u.s.w.), besonders die dichten und porphyrischen, indem sie in dünne, breite Tafeln zerfallen, deren größte Fläche gewöhnlich dem Salband der Gänge und Lager oder der Auflagerungsfläche des Ergusses parallel liegt. Die Flächen der Platten sind oft hohl oder ausgebogen und ordnen lieh mitunter zu großen Rosetten und schaligen Sphäroiden an, besonders bei ergußförmigen Gesteinen (Porphyriten). In diesem Falle ist die plattige Absonderung eine Folge der Zusammenziehung während der Abkühlung nach der Erstarrung. In denjenigen Fällen, wo die Gemengteile des Gesteins eine ziemlich parallele Richtung haben, wird die Zusammenziehung diese Richtung benutzen und ihr parallele Ablösungsflächen erzeugen. Die dünnplattige Absonderung erleichtert die Benutzung von Gesteinen zu Kleinpflaster, Beschotterungsmaterial und Kleinschlag, wenn die einzelnen Platten durch Querrisse in kurze, kleinprismatische Stücke zerfallen [3], [4]. – Konzentrisch-schalige, kugeligschalige und sphäroidische Absonderung zeigen viele körnige und eingepreßte gangförmige Eruptivgesteine, wenn sich polyedrische Blöcke beim Verwittern in konzentrische Schalen zerlegen (Diabase, Olivindiabase, Melaphyre, Kersantite, Granite, Diorite u.s.w.). Sie ist also in erster Linie eine Verwitterungserscheinung. Große und plumpe Sphäroide werden auch als Wollsackformen bezeichnet. Bei konzentrisch-schalig abgeänderten großen Blöcken von Eruptivgesteinen ist der Kern oft noch frisch und technisch verwendbar, besitzt auch weniger zahlreiche Sprünge und Klüfte. Doch macht die Bearbeitung des Mangels an scharfen Kanten wegen größere Mühe. – Bankige Absonderung unterscheidet sich von der plattigen dadurch, daß sie dickere und mächtigere Blöcke liefert; sie ist häufig bei Schichtgesteinen, Sandsteinen, Kalken, auch bei Eruptivgesteinen, hier bei Gängen und Lagern dem Salband, bei Ergüssen der Oberund Unterfläche parallel. Vielfach wird jede dickere, mächtige Schicht unmittelbar als Bank bezeichnet. – Schieferige Absonderung entsteht dadurch, daß ein geschichtetes oder parallelstruiertes oder ein plattig abgeändertes Gestein durch Druck neue unter sich parallele Ablösungsflächen erhält, deren Ebene unter einem spitzen Winkel zu den bereits vorhandenen Schicht- oder Absonderungsflächen steht. Sie ist in gefalteten Schichten eine sehr häufige Erscheinung (Tonschiefer, Phyllit, Grauwackenschiefer u.s.w.), fehlt aber auch bei massigen Gesteinen da nicht, wo diese gepreßt, gequetscht oder sonst mechanisch verändert sind, z.B. in der Nähe von Verwerfungen, Faltungen u.s.w. [1], [2], Zerlegen Schieferung und Schichtung ein Gestein in dünne, lange, prismatische Bruchstücke, so entsteht eine stengelige oder griffelförmige Absonderung, z.B. bei Tonschiefern, Sandsteinen von seinem Korn, Gneiß u.s.w. Die Kenntnis der Absonderung eines Gesteins und der sie bedingenden Klüfte ist von größter Wichtigkeit für seine Verwendung, für die Art seiner Gewinnung und seines Abbaues [5].


Literatur: [1] Daubrée, Synthetische Studien zur Experimentalgeologie. Deutsch von A. Gurlt, Braunschweig 1880. – [2] Roth, J., Allgemeine und chemische Geologie, Berlin 1887, Bd. 2, S. 25–34. – [3] Naumann, C.F., Lehrbuch der Geognosie, 2. Aufl., Leipzig 1858, Bd. 1, S. 477. – [4] Zirkel, Lehrbuch der Petrographie, Bonn 1893, 2. Aufl., Bd. 1, S. 514. – [5] Hermann, O., Steinbruchindustrie und Steinbruchgeologie, Berlin 1899, S. 107.

Leppla.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 32-33.
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