Glimmer

[572] Glimmer, Minerale, Verbindungen von kieselsaurer Tonerde mit kieselsauren Alkalien und Magnesia, kristallisieren monoklin, und zwar als sechsseitige Prismen mit einem Kantenwinkel von nahezu 120°.

Das Bezeichnende dieser Minerale ist ihre ausgezeichnete Spaltbarkeit quer zu den Flächen des Prismas. Die einzelnen Spaltblättchen sind elastisch biegsam. Die Härte liegt zwischen 2 und 3. In hoher Temperatur sind sie schmelzbar, besonders die dunkeln Arten. Salzsäure greift sie nicht oder nur wenig an. Die Glimmer sind außerordentlich verbreitet in Gesteinen. Wegen ihrer vollkommenen Spaltbarkeit erhöhen sie nicht die Fertigkeit der Gesteine, sondern beschleunigen deren Zerfall, besonders dann, wenn sie lagenweise verteilt sind in kristallinen Schiefern und Schichtgesteinen. In Sandsteinen wird Glimmer daher nicht gern gesehen. Man unterscheidet:

1. Muskovit (Kaliglimmer, Katzensilber), wasserhaltiges kieselsaures Tonerdekali Si6O24Al3K2H4 (ungefähr 45% SiO, 25–35% Al2O3, 8–12% K2O). Meist hell gefärbt, silberweiß, gelblich, grünlich, perlmutterglänzend. Als Sericit wird ein grünlicher, talkähnlicher Muskovit bezeichnet. In vielen Fällen vollständig durchsichtig; Härte 2, spez. Gew. 2,76–3,1. Wird von Säuren nicht angegriffen, verwittert sehr schwer und hält sich daher außerordentlich lange im Gestein. Er tritt in allen älteren Gesteinen, besonders in den kristallinen Schiefern (Gneis, Glimmerschiefer), auch im Granit auf, fehlt aber nahezu ganz den jüngeren Eruptivgesteinen und den meisten Kalksteinen. Er schließt vulkanische Entstehung nahezu aus und kommt als Neubildung in Sedimenten viel vor (Tonschiefer). Durch die Verwitterung der älteren Gesteine und ihre Auflösung gelangte er in die Sedimente mechanischer Entstehung, Sandsteine u.s.w. In allen Fällen, wo er hier lagenweise oder in Schichten angehäuft ist, veranlaßt er ein Aufblättern und eine leichte Trennung des Gesteins nach dieser Schicht. Eine Anhäufung von Glimmerschüppchen in einer millimeterdicken Schicht genügt schon, daß ein Sandstein nach derselben leicht spaltet und bei der Verwitterung leicht sich ablöst. Nur bei zerstreutem Vorkommen in Gesteinen beeinträchtigt er die Fertigkeit weniger, z.B. in Granit. In großen Tafeln tritt er in Pegmatitgängen der Granite auf und wird auch hier zumeist für technische Zwecke gewonnen (Sibirien, Ural, Ostindien [Bengalen], Nordamerika). Die Verwendung beruht auf der Spaltung in dünne Lamellen, seinem hohen Schmelzpunkt und der Durchsichtigkeit. Man verwendet den Muskovit statt Glas zu Geräten, die bei großer Hitze durchsichtig bleiben müssen und nicht zerspringen, z.B. zum Verschluß von Oeffnungen an Feuerungen, Lampenzylindern, Lichtrosetten, Ofenfenstern, Schutzbrillen für Feuerarbeiter. Auch zu Fensterscheiben wird er benutzt; indes wird er leicht geritzt (geringe Härte), erhält Flecken und wird trüb. In der Optik wird Muskovit zur Prüfung auf den Charakter der Doppelbrechung im Mikroskop benutzt. In seinen Schüppchen wird er dem Streusand (sogenannten Silbersand) beigemischt. Fein pulverisiert, mit Salzsäure ausgekocht und gewaschen, werden Glimmerabfälle zur Herstellung von Glimmerbronze, Brokatfarben und andern glänzenden und schimmernden Ueberzügen,[572] Zieraten gebraucht. Von sehr starken elektrischen Strömen wird reiner weißer Glimmer selbst in dünnen Blättchen nicht durchschlagen, daher Verwendung zu Isolierungen bei hohen Temperaturen. Mikanit ist ein aus Glimmerabfällen hergestelltes Isoliermittel in der Elektrotechnik.

2. Biotit (Magnesiaglimmer, Katzengold), Marienglas, kieselsaure Tonerde-Magnesia-Kali Si6O24Al3Mg6K2H oder ähnliche Mischungen (39–44% SiO2), meist dunkel, grün, braun, gelb gefärbt und dadurch von Muskovit leicht zu unterscheiden; in dünnen Blättchen durchsichtig, metall- bis perlmutterglänzend. Härte 2,5–3,0, spez. Gew. 2,8–3,0; leichter schmelzbar als Muskovit, besonders wenn er eisenhaltig ist. Er wird von Salzsäure angegriffen, von konzentrierter Schwefelsäure dagegen vollständig zersetzt; tritt in allen älteren und jüngeren Eruptivgesteinen und in kristallinen Schiefern auf und entsteht zumeist auf vulkanischem Wege. Technisch unbedeutend.

3. Lithionglimmer (Lithionit), als Lepidolith ein fluor- und lithionhaltiger Kalkglimmer K2Li2Al2Si6O19Fl2 (50,6% SiO2, 28,9% Al2O3, 13,2% K2O, 4,2% Li2O, 5,4% Fl) in weißen, roten oder grünen Blättchen, ähnlich wie Muskovit; leicht schmelzbar, von Säuren nur nach dem Schmelzen angreifbar.

4. Paragonit, Natronglimmer, enthält statt Kali Natron, sonst ähnlich dem Muskovit; in allen kristallinen Schiefern verbreitet.

5. Anhangsweise sind hier zu erwähnen die technisch unwichtigen Sprödglimmer; sie sind ebenfalls spaltbar wie die Glimmer, aber nicht so vollkommen, meistens aber viel härter und nicht elastisch biegsam, sondern spröde. Margarit, ein kalkhaltiger Glimmer H2CaAl2Si2O12; weiß, perlmutterglänzend; Härte 41/2. spez. Gew. 2,8–3,1.

6. Ottrelith, viel im Tonschiefer vorkommend.

Leppla.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 572-573.
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