Nebel

[593] Nebel, der Erdoberfläche aufliegende, mit Wasserdämpfen übersättigte Luft, die das überschüssige Wasser, das sie nach Maßgabe von Luftdruck und Temperatur nicht gasförmig aufzunehmen vermag, in Form von kleinen Wasserkügelchen (nicht Bläschen, wie man früher glaubte) enthält, deren Durchmesser nach Aßmann bis auf 0,0006 mm herabgehen kann.

Freischwebenden Nebel bezeichnet man als Wolken, und zwar bildet er die Wasserwolken, während die höheren Eiswolken das überschüssige Wasser als Eiskristalle ausgeschieden enthalten, wie wir solche bei strenger Kälte in Form von Eisnadeln auch am Boden der Atmosphäre beobachten. Nach Aitken tritt eine Kondensation des Wasserdampfes in übersättigter Luft nur in Gegenwart von Staub ein, so daß hierin auch eine Erklärung für die größere Trübung der Luft durch Nebel in großen Städten, und zumal den Fabrikzentren, zu finden ist. Eine Uebersättigung der Luft mit Wasserdämpfen, also bei nicht zu strenger Kälte die Bildung von Nebel, kann herbeigeführt werden durch Sinken der Temperatur bis unter den Taupunkt der feuchten Luft, durch Steigerung ihres Wassergehalts und durch eine geeignete Aenderung von Temperatur und Wassergehalt zugleich. Von besonderer Bedeutung ist außerdem noch für die Entstehung der Wolken, nicht aber für die Bildung des eigentlichen Nebels, die Abnahme des Luftdrucks, die in Verbindung mit Abnahme der Lufttemperatur bei dem Aufsteigen von Luftmassen eintritt. – Nebel infolge Sinkens der Temperatur unter ihren Taupunkt ist die gewöhnliche, bei ruhigem Wetter abends und nachts nach warmer Witterung bei klarem Himmel eintretende Erscheinung, bedingt durch die Erkaltung des Bodens und der aufliegenden Luftschichten infolge von Ausstrahlung; ferner gehören hierher die Nebelerscheinungen, die nach Ablauf einer kalten Periode eintreten, wenn warme Luft in Berührung mit dem stark erkalteten Erdboden tritt, und ebenso der berüchtigte Nebel über den Neufundlandbänken, indem die über dem Golfstrome lagernde warme Luft Abkühlung erfährt, sobald sie in Berührung mit der näher der Küste fließenden kalten Meeresströmung gelangt. – Nebelbildung wesentlich durch Steigerung des Wassergehaltes scheint einzutreten, wenn sich nach kalter, ruhiger Witterung in der Höhe über den schweren kälteren Luftschichten wärmere, dampfreiche Luftmassen ausbreiten, z.B. auf der Vorderseite einer herannahenden Depression, bedingt durch ein Vordringen des Wasserdampfes nach den unteren Schichten durch Diffusion. – Nebel bei gleichzeitiger Aenderung von Wassergehalt und Temperatur entsteht unter bestimmten Umständen bei der Mischung und Berührung von Luftmassen verschiedener Wärme und Feuchtigkeit, insbesondere auch infolge von Niederschlägen, zumal Regen und Hagel, die einerseits durch ein mechanisches Herabführen von meist kälterer Luft Abkühlung bewirken und anderseits bei weiterem Wärmeentzug den Wassergehalt erhöhen und zwar unmittelbar durch Verdunstung des fallenden Niederschlages und mittelbar durch nachfolgende Verdunstung des durchfeuchteten Bodens; solcher Nebel vergeht meist so schnell, wie er entsteht, zumal wenn die Sonne noch am Himmel steht. – Da[593] dem Erdboden aufliegender Nebel gegen die Ausstrahlung wie ein Schirm wirkt und somit nach Eintritt von Nebel ein wesentlich weiteres Sinken der Nachttemperatur nicht eintritt, so besteht zwischen dem Wassergehalt der Luft und der niedrigsten Nachttemperatur ein gewisser Zusammenhang, indem geringer Wassergehalt niedrige Nachttemperaturen begünstigen muß. Die geringe Feuchtigkeit der Luft im Mai hat in diesem Sinne eine große Bedeutung für die Maifröste (s.d.).

Großmann.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 593-594.
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