Schnellfeuerkanonen

[767] Schnellfeuerkanonen an Bord der Kriegsschiffe.

Diese haben als besondere Eigenart 1. gestreckte Flugbahn mit genügender Durchschlagskraft, erreicht durch lange Rohre, hohe Anfangsgeschwindigkeit und mittelschwere Geschosse; 2. Verwendung von Patronenhülsen, Metallpatronen, mit Zündschraube im Boden derselben, welche zugleich die Geschützliderung übernehmen und Rückstände im Kartuscheraum vermeiden; 3. Verwendung von rauchschwachem Pulver als Ladung, um beim Schnellfeuern freien Ausblick zu haben; 4. leicht und schnell zu handhabender Verschluß, welcher beim Oeffnen zugleich die Abzugsvorrichtung spannt und mit Hilfe des Patronenziehers die leere Patronenhülse auswirft. Die Rohre haben in der Regel eine Länge von 40 bis 50 Kaliber. Der Verschluß – Schraubenverschluß oder Keilverschluß mit horizontaler oder vertikaler Verschiebung – ist derart vervollkommnet, daß seine Bedienung möglichst schnell erfolgt und zugleich das Abfeuern nur bei völlig geschlossenem Verschluß möglich ist. Bei einigen Kanonen erfolgt das Oeffnen des Verschlusses selbsttätig nach beendetem Rücklauf bei Ausrennen des Rohres; bei andern wird das Schließen und Oeffnen, das Spannen des Schlagbolzens und die Bewegung des Ausziehers durch den Druck der Pulvergase oder durch Drehen einer Kurbel bewirkt. Diese Arten von Schnellfeuerkanonen heißen Maschinenkanonen. Die Entzündung der Ladung erfolgt entweder auf mechanischem (mittels Schlagbolzen) oder elektrischem Wege mit Zündbolzen. Um die Zeit des Ladens zu verkürzen, werden Geschoß und Ladung, soweit das Gewicht es gestattet, zu einer Einheitspatrone vereinigt (s. Munition). Bei den schwereren Kalibern von 15 cm aufwärts, d.h. bei einem Gesamtgewicht von 50 kg und darüber, werden Geschoß und Patronenhülse getrennt und einzeln geladen. Die Zuführung von Geschoß und Ladung von den Munitionskammern zu den Geschützen muß mit der Feuergeschwindigkeit in Einklang stehen (s. Munitionstransport). Als Lafette wird die Wiegelafette (s. Lafettierung) benutzt, um das Ziel stets im Auge behalten zu können. Das Nehmen der Höhen- und Seitenrichtung erfolgt mittels Schulterstückes bei den leichteren Kalibern und mittels Schneckenrad bei den schwereren und bewegt sich im letzteren Fall der das Abfeuern besorgende Geschützmann, auf einem Sattel reitend, mit der Lafette. Die Feuergeschwindigkeit beträgt bei den Maschinenkanonen bis zu 600 Schuß pro Minute, bei den Schnellfeuerkanonen von 8,8–20 cm 15 bis 4 Schuß pro Minute.

Neben den älteren Maschinenkanonen von Hotchkiß, Gatling, Gardener und Nordenfelt, welche durch Verwendung von zwei bis zehn Läufen zu den Mitrailleusen zu, rechnen sind und bei denen das Abfeuern und Wiederladen durch Drehung einer Kurbel erfolgt, ist das Maximgeschütz zurzeit das vollkommenste. Maxim verwendet nur ein Rohr mit Wasserkühlung. Die Feuerschnelligkeit wird durch seinen selbsttätig wirkenden Verschluß erzielt, indem mit Hilfe des Drucks der Pulvergase das Oeffnen des Verschlusses, die Zuführung der Patrone, das Laden, Schließen und Abfeuern besorgt wird. Das Zufahren der Patronen erfolgt mittels Gurtband. Ist der erste Schuß mit der Hand abgefeuert, so schießt das Geschütz ununterbrochen weiter. – Von den Schnellfeuerkanonen schweren Kalibers (8,80–20 cm) sind die Geschütze von Armstrong (Schraubenverschluß), Canet (Schrauben- und Drehkeilverschluß) und Krupp (Rundkeilverschluß mit Horizontalverschiebung) am verbreitetsten; s.a. Geschützarmierung, Geschütze, Schiffsgeschütze, Verschlüsse und Lafettierung.


Literatur: s. unter Schiffsgeschütze.

T. Schwarz.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 767.
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