Ueberhöhung [2]

[687] Ueberhöhung von Trägern. Wenn ein Träger (s.d.) auf geeigneten Unterlagen (in möglichst spannungslosem Zustande) hergestellt wird, so senkt er sich infolge seines eignen Gewichts, sobald die Unterlagen entfernt werden und er nur noch auf seinen Stützen ruht (vgl. Einsenkung Bd. 3, S. 247). Demnach besitzt der Träger auch ohne Verkehrslast nicht diejenige Form, welche man als normale angenommen hat, und von welcher häufig aus ästhetischen Rücksichten bei gewöhnlicher Belastung keine merklichen Abweichungen gewünscht werden. Der Anschein des Durchhängens wird bei einfachen Balkenträgern (Bd. 1, S. 503, 518, 527; Bd. 2, S. 55) mit horizontalem Untergurt durch die üblichen Deckplatten (nach der Trägermitte hin) noch verstärkt. Infolge von Probebelastungen können auch kleine bleibende Einbiegungen eintreten. Bei Brücken gibt man deshalb den Trägern vielfach eine sogenannte Ueberhöhung, indem man bei der Herstellung so weit von der normalen Form abweicht, daß diese erst nach den zu berücksichtigenden Einwirkungen erreicht wird.

Die Ueberhöhung in der Mitte pflegt bei einfachen Balkenträgern zwischen 1/2000 und 1/1000 der Spannweite zu liegen [3], [5], sie wird oft ohne Rechnung angenommen, während man die Ueberhöhung nach den Stützen hin allmählich abnehmen läßt, z.B. für die Knotenpunkte eines Horizontalgurts einfacher Balkenfachwerke einem Parabelbogen oder Kreisbogen entsprechend [3], [5]. Ueber kontinuierliche Balkenträger s. [4], über Bogenträger [3]. Bezüglich der Herstellung der Ueberhöhung schreiben beispielsweise die schweizerischen Eisenbahngesellschaften vor: »Die Brücken sind um das Maß der elastischen Einsenkung der unbelasteten Brücke zu überhöhen. Die Ueberhöhung darf aber nicht erst bei der Montierung, durch Austreiben, gegeben werden, sondern es ist die Verkürzung oder Verlängerung, welche die Brückenteile durch die Ueberhöhung erleiden, zu berechnen und beim Ablängen derselben zu berücksichtigen. Die Verlängerungen und Verkürzungen müssen auf den Werkzeichnungen vorgemerkt sein« [3], vgl. [5]. Als bleibende Einsenkung durch die Probebelastung ist in der Schweiz nach Verordnung des Bundesrats bis 1/5000 der Spannweite, bei Spannweiten unter 5 m jedoch 1 mm zugelassen (Schweiz. Bauztg. 1892, Bd. 20, S. 88; vgl. [1], S. 24). In manchen Fällen hat man durch die Ueberhöhung noch andre Zwecke als die bereits erwähnten zu erreichen gesucht, z.B. bei Bogenträgern die Aufhebung der Biegungsmomente durch das Eigengewicht und die Reduktion der Normaltemperatur auf die mittlere Ortstemperatur. Vgl. Horizontalschub, künstlicher, Bd. 5, S. 139. Betreffs der Anwendung geeigneter Ueberhöhung zur Vermeidung eines ungünstigen Einflusses bewegter Lasten auf die Einsenkungen s. [4].


Literatur: [1] Winkler, Die Gitterträger und Lager gerader Träger, Wien 1875, S. 24. – [2] Weyrauch, Die elastischen Bogenträger, München 1897, S. 90, 92, 98, 272, 290 (neue Auflage in Vorbereitung). – [3] Löhle, Beitrag zur Ausführung eiserner Brücken, Schweiz. Bauztg. 1898, Bd. 31, S. 109. – [4] Reißner, Ueber Fahrbahnüberhöhung, Zentralbl. der Bauverwaltung 1899, S. 156, 547 (s.a. Zimmermann, S. 199, und Land, S. 313). – [5] Handbuch der Ingenieurwissenschaften, II, Der Brückenbau, 6. Abt., Leipzig 1903, S. 189.

Weyrauch.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 687.
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Lueger-1904: Ueberhöhung [1]