Viskose

[652] Viskose. – Mit dem Namen bezeichnet man die wässerige Lösung des Natriumsalzes der Cellulosexanthogensäure, die aus Cellulose synthetisch dargestellt wird. Der Prozeß zerfällt in zwei Stadien: 1. Cellulose und Natriumhydrat verbinden sich in Gegenwart von Wasser unter sichtlicher Veränderung (Mercerisation) und 2. die Alkalicellulose tritt in Reaktion mit Schwefelkohlenstoff unter Bildung des Natriumsalzes der Cellulosexanthogensäure. Die Materialen für die Durchführung der Umsetzung werden im Verhältnis ihrer Molekulargewichte angewendet, das annähernd zwei Gewichtsteilen Cellulose auf je einen Gewichtsteil Natriumhydrat und Schwefelkohlenstoff entspricht. Die Ueberführung in Viskose kann mit jeder beliebigen Form von Cellulose bewirkt werden, im großen werden hauptsächlich verwendet: gereinigte Baumwollabfälle, Lumpenhalbstoff, Holzcellulose (Natron) und holzschlifffreie Papierabfälle. Bedingung ist, daß die einzelnen Fasern nicht länger als 1–2 mm sind, keinen höheren Feuchtigkeitsgehalt als 50% aufweisen und ein möglichst inniger Kontakt mit der Natronlauge stattfindet. Man unterscheidet ein trockenes und ein nasses Verfahren, ersteres mittels Desintegrator (wenig geübt), letzteres mittels des Papierholländers. Die hergestellte Alkalicellulose soll nicht länger als 2–3 Tage nach Bereitung mittels Schwefelkohlenstoff in Lösung gebracht werden.[652] Die technische Anwendung der Viskose fußt auf der Zersetzlichkeit dieser Verbindung, die sowohl freiwillig als auch unter dem Einflusse von Reagentien stattfindet, wobei Cellulose rückgebildet wird. Die abgeschiedene Cellulose ist strukturlos oder amorph, sonst unverändert. Es ist erwiesen, daß ein durchsichtiges Cellulosehäutchen, das mit Hilfe der Viskosereaktion aus einer Cellulosefaser hergestellt wurde, chemisch von letzterer nicht unterschieden ist, so daß die Viskose als plastische Form der Cellulose anzusehen ist, der sich jede beliebige Gestalt geben läßt. Die Verwendungen der Viskose sind die folgenden, 1. im Zeugdruck als Verdickungsmittel für Pigmente, die durch die Viskosereaktion auf dem Gewebe dauernd fixiert werden, 2. für Garn als Schlicht- und Appreturmittel, 3. als Appreturmittel für Leinen-, Baumwolle-, Jutegewebe, 4. in der Kreppweberei als Klebemittel, 5. für Papierleimung, 6. zum Ueberziehen von Papieren und 7. zur Herstellung von Buchbinderleinen und Lederimitationen. Die hauptsächlichste Verwendung aber besteht in der Herstellung regenerierter Cellulose in verschiedenen Formen: zusammenhängend als »Viskoid«, welches sich durch mechanische Hilfsmittel bearbeiten läßt; in Blättern und Tafeln, in Form von Fäden und als amorphes Pulver.


Literatur: C.F. Croß, Viskose und ihre Anwendung, Verlag der Kontinentalen Viskose-Kompagnie, Breslau-Paris 1898.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 652-653.
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