Mutelembe und Ngunga

[157] Wir wollen von Mutelembe und Ngunga erzählen.

Zwei Männer, ein älterer und ein jüngerer, gingen auf die Jagd. Der jüngere hatte zwei Hunde, von denen der eine Mutelembe, der andere Ngunga hieß. Sie zogen also aus, kamen in den Jagdgrund, bauten eine Hütte, gingen hinein und blieben daselbst.

Der Jüngere schoß viel Wild, der Ältere keins. So blieben sie einen Monat, dann sprach der Jüngere: »Laß uns jetzt heimgehen.« Und sie brachen auf.

Unterwegs dachte der Ältere: »Wir sind auf die Jagd gegangen, und dies Kind hat alles geschossen, während ich, der Ältere, nichts geschossen habe. Wenn ich nach Hause komme, muß ich mich schämen.« So schlug er den Jüngeren tot, nahm ihm die Eingeweide heraus und gab sie Mutelembe. Der beroch sie und wollte sie nicht. Da gab er sie dem andern Hund, Ngunga, der[157] sie gleichfalls verschmähte. Dann nahm er den Korb mit dem Wildpret auf (um weiter zu gehen). Die Hunde aber sahen auf ihren getöteten Herren und begannen zu singen:[158]


Mutelembe und Ngunga

Mutelembe und Ngunga

D.i.


Ndala der ältere

Und Ndala der jüngere

Zogen in die Welt,

Andere zu vernichten.

Wir loben

Mutelembe und Ngunga,

Denen die Eingeweide vorgeworfen wurden.

Sie weigerten sich, sie zu fressen.


Da setzte Ndala der ältere den Korb wieder zu Boden und tötete einen der Hunde, denn er dachte, sie werden mich zu Hause angeben und sagen, ich hätte den jüngeren getötet. Darauf nahm er den Korb wieder auf und ging fürbaß. Da kam der getötete Hund hinter ihm her und sang:


Ndala der ältere etc.

(Wie oben)


Wieder setzte er den Korb ab, erschlug beide Hunde, grub ein Loch für sie und deckte die Erde wieder darauf.

Als er den Korb wieder aufgenommen hatte und weiterging, kamen ihm die Hunde wiederum nach und sangen:


Ndala der ältere etc.

(Wie oben)


So kam er in sein Dorf und trat in sein Haus. Man frug ihn: »Ihr seid doch zu zweien ausgezogen, wo ist denn dein Gefährte?« Er antwortete: »Er ist in seine Heimat gegangen.« Während sie noch sprachen, kamen die Hunde, gingen in ihres Herrn Haus und sangen. Da sprachen Leute: »Hört, die Hunde singen.[159] Du, Ndala, bist mit dem Jungen gezogen, du hast ihn getötet. Seine Hunde haben es uns verraten.« Und sie trauerten um ihn.

Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Geschichten und Lieder der Afrikaner. Berlin: Verein der Bücherfreunde, Schall & Grund, 1896, S. 157-160.
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