13. Der Jüngling und der Bartlose.

[137] Es war eine Witwe, die hatte zwei Knaben; und der ältere von ihnen war ein Pascha in Bagdad. Aln der jüngere Sohn heran wuchs, sprachen die Leute zu ihm: »Du bist glücklich, der du einen Pascha zum Bruder hast«. Der Knabe sprach: »Ich habe keinen Bruder«. Da sagten jene: »Wol hast du einen, aber deine Mutter sagt es dir nicht, weil sie fürchtet, dass auch du dorthin gehst«. Am folgenden Tage fragte er seine Mutter und sprach zu ihr: »Mutter, habe ich einen Bruder?« »Ja, mein Sohn,« antwortete sie, »aber denen, die dir das gesagt haben, möge es schlecht gehen!« Da sprach der Knabe zu seiner Mutter: »Mutter, ich will auch dorthin zu meinem Bruder gehn«. Und die Mutter sagte: »Geh, mein Sohn, aber gib mir das Versprechen, nach Hause zurückzukehren wenn du unterwegs einen bartlosen triffst«.

Nun brach der Jüngling auf; und nach drei Tagereisen traf er einen bartlosen und kehrte wieder nach Hause zurück. Nach einigen Tagen machte er sich wieder auf; und nach sechs Tagereisen traf er wieder einen bartlosen. Diesmal aber kehrte er nicht mehr nach Hause zurück, sondern zog weiter. Der bartlose fragte ihn: »Wohin gehst du?« Da erzählte ihm der Jüngling: »Ich habe einen Bruder, der ist Pascha in Bagdad, und dorthin will ich gehen«. Da sprach der bartlose zu ihm: »Auch ich bin auf dem Wege dorthin; wir wollen also als Gefährten zusammen ziehn«.

Während sie ihres Weges zogen, wurde der Jüngling durstig. Der bartlose schickte ihn zu einem Brunnen, aber dieser Brunnen hatte weder Eimer noch Seil. Da sprach der bartlose: »Ich will dich am Gürtel hineinlassen, damit du Wasser trinken kannst«. Der Jüngling liess sich am Gürtel anbinden und kam hinein. Nachdem er Wasser getrunken hatte, sprach er: »Jetzt zieh mich herauf, denn ich habe mich satt getrunken«. Aber der bartlose erwiderte: »Ich ziehe dich[137] nur unter der Bedingung aus dem Brunnen, dass ich mich für den Bruder des Pascha ausgebe und dich für den bartlosen«. Da der Jüngling keinen andern Ausweg sah, gab er ihm das Versprechen. Jener zog ihn aus dem Brunnen, und sie machten sich auf und gelangten in das Haus des Pascha, und der Pascha nahm ihn mit Freuden auf.

Am folgenden Tage sprach der bartlose zum Pascha: »Hast du vielleicht in dieser Stadt etwas feindliches? denn mein bartloser ist sehr tapfer und er tödtet jede Gattung Thiere«. Der bartlose trachtete nämlich den Jüngling bei Seite zu schaffen, da er fürchtete, er möchte dem Pascha eines Tages sagen: »Ich bin dein Bruder und nicht dieser bartlose«. Und der Pascha sagte zu ihm: »An dem und dem Orte befindet sich eine Kulschedra, geh hin und tödte sie«. Der Jüngling antwortete: »Ich will ein grosses Feuer angezündet haben und zwei Aexte«. Der Pascha erfüllte ihm geschwind seinen Wunsch, und der Jüngling gieng an jenen Ort; da kam die Kulschedra heraus und stürzte auf ihn zu, um ihn zu verschlingen. Aber er hieb sie rasch mit der Axt auf den Kopf und tödtete sie.

Der Pascha bekam die Nachricht, dass der Jüngling die Kulschedra getödtet habe; er zeichnete ihn aus und hatte ihn sehr lieb. Der bartlose aber sprach wieder zu ihm: »Hast du noch einen Wunsch?« »Ja,« sagte der Pascha, »ich bin verlobt mit der Tochter des Schahs von Persien; und das ganze Heer, das ich dorthin geschickt habe, haben sie mir getödtet«. Also schickten sie diesen Jüngling hin. Und der Jüngling nahm siebenundneunzig Mann und machte sich auf. Unterwegs traf er einen Burschen am Ufer eines Wassers. Dieser Bursche trank dieses Wasser bald ganz aus, bald spie er es aus. Der Jüngling mit seiner Truppe blieb stehen, sah ihm zu und fragte ihn: »Was machst du hier?« Er antwortete: »Ich habe nichts andres zu thun als mit diesem Wasser zu spielen«. Und jener sprach: »Willst du mit mir kommen?« Er erwiderte: »Ja, ich komme«. Indem er weiter zog, traf er einen andern Burschen, der mit Hasen spielte: bald liess er sie laufen und bald fieng er sie, so rasch konnte er laufen. Er fragte ihn: »Was machst du hier?« Und jener antwortete: »Ich habe nichts andres zu thun als mit diesen Hasen zu spielen«.[138] »Willst du mit mir kommen?« fragte jener; und er sagte: »Ja, ich komme«. Indem sie weiter zogen, ruhten sie unter einem Baume aus. Auf diesem Baume war ein Nest mit den jungen eines Adlers. Eine Schlange kroch auf den Baum, um die jungen zu fressen, und diese schrien. Da erhob sich der Jüngling und tödtete die Schlange. Nach einiger Zeit kam das Adlerweibchen grade auf den Jüngling zu, um ihm die Augen auszuhacken, aber die jungen schrien: »Hacke ihm nicht die Augen aus, denn er hat uns von der Schlange befreit«. Da sprach das Adlerweibchen zu dem Jüngling: »Du, der du meine Kinder gerettet hast, was verlangst du von mir?« Der Jüngling erwiderte: »Ich will gar nichts«. Da gab ihm das Adlerweibchen eine Flaumfeder aus ihrem Flügel und sprach zu ihm: »Wenn du meiner bedarfst, wirf sie ins Feuer, und ich werde sofort kommen«. Er nahm die Feder, steckte sie in die Tasche, und sie zogen weiter. Unterwegs traf er auf eine Schar Ameisen; er zog nicht mitten durch sie hindurch, sondern an ihrer Seite vorbei, um sie nicht zu tödten. Da sprach die erste der Ameisen zu ihm: »Warum bist du nicht mitten durch uns hindurch gezogen, sondern an der Seite vorbei?« Er antwortete: »Um euch keinen Schaden zuzufügen«. Da sprach die erste der Ameisen: »Für diese Rücksicht, die du auf uns genommen, gebe ich dir einen Flügel von mir; wann du meiner bedarfst, wirf ihn ins Feuer, dann werde ich sofort mit meinem Heere erscheinen«.

Endlich gelangten sie zu dem Schah von Persien. Der Jüngling liess ihm sagen: »Ich bin gekommen, um die Braut des Pascha zu holen«. Da sprach der Schah: »Erst sollt ihr jeder dreihundert Schüsseln Speisen essen, und dann kannst du die Braut bekommen«. Nun sagte jener Bursche, der das Wasser getrunken hatte: »Sage ja, denn ich esse selbst alles auf«. Der Schah schickte für jeden dreihundert Schüsseln Speisen; und das übrige Heer ass zuerst, soviel jeder konnte; den Rest aber ass jener ganz auf und scheuerte die Schüsseln. Da ergriff den Schah Schrecken, und er sprach wieder: »Wenn einer von euch meine Reiter zu überholen und ihre Fahne zu nehmen vermag, dann kannst du die Braut bekommen«. Und der, welcher die Hasen gefangen hatte, sprach: »Erschrick[139] nicht, denn ich nehme die Fahne«. Die Reiter kamen auf einen Platz hinaus und sagten zu jenen: »Macht euch bereit und besteiget eure Pferde«. Jene antworteten: »Wir brauchen keine Pferde«. Und der, welcher die Hasen gefangen hatte, sprach: »Reitet ihr voraus«. Sie liessen ihre Pferde rasch laufen, und der, welcher die Hasen fieng, blieb ganz zuletzt zurück; dann stürzte er schnell los, überholte die, welche zu Pferde waren, und nahm ihnen die Fahne. Sie meldeten das dem Schah, und es ergriff ihn grosse Furcht. Und wieder gab er ihm seine Tochter nicht, sondern sprach zu ihm: »Ich habe einen Getreideboden voll Weizen, Gerste und Hirse; ihr sollt den Weizen, die Gerste und die Hirse, jedes für sich, herauslesen; ihr habt dazu drei Tage Frist, und dann gebe ich euch das Mädchen«. Da erschrak der Jüngling, weil er diese Arbeit nicht machen konnte; aber bald fiel ihm der Flügel ein, den ihm die erste der Ameisen gegeben hatte. Er warf denselben ins Feuer, und sofort kam die erste der Ameisen mit ihrem ganzen Heere an und sprach zu ihm: »Was verlangst du von mir?« Der Jüngling antwortete: »Ich will, dass du auf diesem Getreideboden Weizen, Gerste und Hirse, jedes für sich, auslesest«. Sie schickte sogleich die Ameisen hinein, und sie vollbrachten die Aufgabe in drei Stunden. Hierauf liess er dem Schah sagen: »Gib mir jetzt das Mädchen, denn ich habe das Getreide gesondert«. Und der Schah erstaunte: »Ist es möglich, dass er in drei Stunden fertig geworden ist?« Sie giengen hin und schauten, und sieh, es war alles gesondert, wie es sollte. Da sprach der Schah: »Ich verlange von euch, dass ihr eine Flasche Wasser holt inmitten jener zwei Berge, welche an einander schlagen«. Jenes Wasser war von grosser Heilkraft, indem es auch todte auferweckte, aber es war unmöglich, es zu holen. Nun fiel dem Jüngling die Flaumfeder des Adlerweibchens ein, er nahm sie, warf sie ins Feuer, und sogleich kam das Adlerweibchen uud sprach: »Was willst du von mir?« Er sagte: »Ich will, dass du mir eine Flasche mit Wasser holst hinter jenen zwei Bergen, welche zusammenschlagen«. Das Adlerweibchen gieng hin, holte das Wasser und gab es dem Jüngling; und sie schickten es dem Schah. Nun nahm der Jüngling die Braut, und sie kehrten nach ihrer[140] Heimat zurück. Aber das Mädchen hatte ein wenig von diesem Wasser an sich genommen.

Sie näherten sich dem Hause des Pascha unter Gesang und Fröhlichkeit. Der bartlose hörte, dass sie kamen, gieng ihnen entgegen und aus Zorn darüber, dass der Jüngling gesund und mit Ehren zurückkehrte, zog er sein Schwert und hieb ihn mitten durch; und der Jüngling fiel todt hin. Als der Pascha, hörte, dass der bartlose den Jüngling getödtet hatte, den er sehr lieb hatte, wurde er aus Zorn fast närrisch. In dieser Nacht schlief er nicht bei seiner Frau, noch ass er Brot oder irgend etwas; aber da der bartlose sein Bruder war, wusste er nicht, was er ihm thun konnte; er durfte ihm bloss nicht vor Augen kommen.

Aber die Braut hatte den Jüngling mit jenem Wasser bestrichen, und er war wieder auferweckt worden, ohne dass der Pascha davon wusste. Am andern Morgen gieng der Jüngling in das Haus des Pascha, aber sie wussten nicht, wer es sei. Und er sprach: »Ich will zum Pascha hinein, denn ich habe ihm etwas zu sagen, und ich will auch, dass seine Räthe dort seien«. Da erwiderten ihm die Diener: »Es ist unmöglich, mit dem Pascha zu sprechen, denn er ist sehr zornig, weil sie ihm seinen Adjutanten getödtet haben«. Der Jüngling sprach: »Ich will ihn auf jeden Fall sprechen«. Da sagten sie dem Pascha: »Ein Jüngling ist da, der mit deiner Herrlichkeit sprechen will«. Der Pascha befahl: »Lasst ihn herein«. Der Jüngling trat ein, begann zu sprechen und sagte: »Jemand, der ein Versprechen fürs Leben gibt, darf es nicht brechen?« Der Pascha und die Räthe sagten: »Nein, er soll es nicht brechen«. »Und wenn er stirbt und wieder lebendig wird, dann gilt das Versprechen nicht mehr?« »Nein, dann hat das Versprechen geendigt.« »Und darum sage ich jetzt, was ich bei meinem Leben nicht gesagt habe; aber ich bin gestorben und wurde wieder erweckt, und ich sage, ich bin der Bruder des Pascha und dieser bartlose ist es nicht; aber ich hatte ihm das Versprechen gegeben, so lange ich lebe, es nicht zu verrathen;« und er erzählte, was jener auf dem Wege an ihm gethan hatte. Da freute sich der Pascha sehr, umarmte den Jüngling und veranstaltete ein grosses Gastmahl; und er befahl[141] einen Backofen zu heizen und liess den bartlosen lebendig hineinwerfen. Und mir haben sie nichts gegeben.


Vgl. Dozon Nr. 12, Νεοελληνικὰ Ἀνάλεκτα I, 1, 46, Nr. 10 = Legrand, Contes populaires grecs, S. 57 (M. aus dem Peloponnes), Hahn Nr. 37 (M. aus Epirus), F. Franzisci, Cultur-Studien über Volksleben, Sitten und Bräuche in Kärnten, Wien 1879, S. 99 (M. aus dem Glanthale in Kärnten), Cosquin, Contes populaires lorrains, Nr. 3 (Romania V, 94), Jagié, Südslavische M., Nr. 1a und b (Archiv für slavische Philologie I, 270), Luzel, Vieillées brétonnes, Morlaix 1879, S. 148, und Cinquième Rapport sur une mission en Basse Bretagne (Extrait des Archives des missions scientifiques et littéraires, III. Série, T. I), S. 2, Comparetti, Novelle popolari italiane, Nr. 5.

Alle diese M. sind Versionen eines und desselben M., welches man bezeichnen kann als das M. von dem Sohne oder Pathen eines Königs, der, als er sich zu dem Könige begeben will, unterwegs von seinem Diener oder Gefährten gezwungen wird, mit ihm die Rollen zu tauschen, dann, nachdem er zuvor auf anstiften des Betrügers verschiedene schwere Unternehmungen hat ausführen müssen, von jenem getödtet, von der schönen Jungfrau aber, die er an den Königshof hatte bringen müssen, wieder belebt wird und nun, durch seinen Tod und sein wiederaufleben eines dem Betrüger geschworenen Eides entbunden, den Betrug entdeckt.

Die älteste Form des Einganges des M. ist wol wie in dem M. aus dem Peloponnes und in dem einen serbischen die gewesen, dass ein König oder Kaiser auf einer Reise beim übernachten seiner Wirthin (einer Witwe) oder der Tochter seines Wirthes beigewohnt und ihr beim Abschied gesagt hat, sie solle, falls sie einen Sohn zur Welt bringe, denselben, wenn er herangewachsen sei, zu ihm schicken. In Dozons, Cosquins und Luzels M. ist der König nicht der Vater, sondern der Pathe des Helden. In dem kärntnerischen M. ist der Held der Sohn eines Hauptmanns und seiner Frau, und der Hauptmann hat noch vor seiner Geburt ins Feld ziehen müssen, der herangewachsene Sohn zieht aus, den noch immer nicht zurückgekehrten Vater aufzusuchen. Noch mehr entstellt sind das epirotische, das andere serbische und das italienische M. In ersterem ist der Held der Sohn eines Kaisers und seiner Gemahlin, der Kaiser muss aber auf lange Zeit verreisen; in dem letztern ist der Held ebenfalls ein legitimer Königs- oder Kaisersohn, der nicht seinen Vater aufsuchen, sondern einen andern König oder Kaiser besuchen will.

Der Betrüger ist in den griechischen, dem einen serbischen und dem kärntnerischen ein bartloser, in dem lothringischen ein buckliger, in dem einen bretonischen ein Cacou1, und eine Warnung vor[142] derartigen Menschen – in dem bretonischen auch vor lahmen – geht voraus. Es liegt hier die alte weitverbreitete Scheu vor Menschen von auffallendem oder entstelltem Aeusserem vor.

Was die Art betrifft, wie der Rollentausch erzwungen wird, so bedroht in Dozons M. der Betrüger den Pathen des Königs, der in eine Schlucht hinab zu einer Quelle gestiegen ist, von oben mit einem schweren Steine. In dem M. aus dem Peloponnes droht der bartlose, den Brunnen, in den der Königssohn hinabgestiegen ist, mit einer Steinplatte zuzudecken. In dem epirotischen, dem einen serbischen und dem kärntnerischen wird der Zwang dadurch ausgeübt, dass der bartlose den Jüngling nicht wieder aus dem Brunnen heraufziehen will. In dem lothringischen und den beiden bretonischen M. hat sich der Betrüger des Pferdes des Jünglings – und zwar in den bretonischen, während der Jüngling abgestiegen ist und aus einer Quelle trinkt – bemächtigt. In dem italienischen M. droht der Gefährte den Königssohn zu erschiessen, und in dem einen serbischen endlich gewinnt er dem Kaisersohn listig einen Ring ab, an dem ihn der Kaiser als seinen Sohn erkennen soll.

In Dozons M., in den griechischen, dem kärntnerischen und dem lothringischen muss der Jüngling dem Betrüger einen Eid schwören, und zwar schwört er in dem albanischen und den griechischen, nur dann oder erst dann wolle er den Betrug entdecken, wenn er gestorben und wieder auferstanden sei2; in dem kärntnerischen muss er schwören, nichts zu verrathen, so lange er lebe, und in dem lothringischen, erst drei Tage nach seinem Tode jemandem zu sagen, dass er der Pathe des Königs sei. In allen diesen M. betrachtet sich der Jüngling dann, nachdem er von dem Betrüger getödtet, von der schönen Jungfrau aber wieder lebendig gemacht worden ist, seines Eides entbunden. – In den serbischen, den bretonischen und dem italienischen M. ist der Schwur weggefallen, trotzdem sind aber in den serbischen und dem italienischen die Tödtung und Wiederbelebung des Helden geblieben.

Unter den Aufgaben, die der Held in den verschiedenen Versionen des M. auf anstiften des Betrügers auszuführen hat, ist die wichtigste die schwierige Herbeischaffung einer schönen Jungfrau, an die sich dann wieder die Herbeischaffung von todte-erweckendem Wasser knüpft. Dadurch schliesst sich das M. an das weitverbreitete alte M. von der goldharigen Jungfrau und den Wassern des Lebens und des Todes an (s. meine Anmerkung zu Gonzenbach Nr. 83, II, und die Cosquins zu seinen Contes lorrains Nr. 73 in der Romania X, 177).

[143] Wenn in unserm albanischen M. die Tochter des Schahs den Brautwerbern erst übergeben werden soll, wenn jeder 300 Schüsseln Speisen isst und wenn einer von ihnen die Reiter des Schahs überholt, und wenn dann die beiden unterwegs mitgenommenen wunderbar begabten Menschen helfend eintreten, so vgl. Hahn Nr. 63, Pio S. 212, Jagié Nr. 7 (Archiv für slavische Philol. I, 280) und ferner Gonzenbach Nr. 74 und die Parallelen in der Anmerkung dazu, die jetzt noch vermehrt werden könnten.

Zu dem nur in unserm albanischen, nicht, in den parallelen M. vorkommenden Zug, dass ein Adler dem Helden sich dankbar erweist, weil er eine Schlange, welche die jungen Adler fressen wollte, getödtet hat, vergl. die von mir bei Schiefner, Awarische Texte, S. XVIII und von Cosquin in der Romania VIII, 586–89 (zu Contes lorrains Nr. 52) zusammengestellten M. und ausserdem noch Stokes, Indian Fairy Tales, S. 182 u. 288, und Dozon Nr. 5.

Die Aufgabe, einen grossen Haufen Körner in kurzer Zeit zu sortieren, mit ihrer Lösung durch dankbare Ameisen, kömmt nicht nur in allen Versionen unseres M. – mit Ausnahme des einen serbischen und des italienischen – vor, sondern auch in zahlreichen andern M. Bekanntlich muss Psyche schon in dem M. des Apulejus die Aufgabe lösen, und auch ihr helfen Ameisen, aber nicht aus Dankbarkeit, sondern nur aus Mitleid. In manchen M. sind an Stelle der Ameisen andere geeignete Thiere getreten. Vgl. Cosquin in der Romania X, 140–42 (zu den Contes lorrains Nr. 65).

Wegen der an einander schlagenden Berge, in deren Mitte sich das Unsterblichkeitswasser befindet, s. man meine Nachweise bei Schiefner, Awarische Texte, S. XXV, und die Wollners bei Leskien u. Brugmann, Litauische Volkslieder u.M., S. 549 f., ferner Ralston, Russian Folk-tales, S. 236, Dozon S. 92 und 1313, Miklosich, Märchen der Zigeuner der Bukowina, Nr. 11.

Schliesslich bemerke ich noch, dass es noch eine andere Märchengruppe gibt, in der ein Diener einen Prinzen unterwegs zwingt, mit ihm die Rolle zu tauschen, die aber übrigens sowol im Eingang als im weitern Verlauf von der hier besprochenen Gruppe durchaus verschieden ist.

R.K.


1

»Les Cacous ou Caqueux étaient des espèces de parias, d'individus hors de la société et qui exerçaient ordinairement, en Bretagne, le métier de cordiers. On les confond assez souvent avec les lépreux.« Vieillées brétonnes S. 151.

2

In dem M. aus dem Peloponnes heisst es: καὶ ἔκαμε τὸν ὄρκο πῶς ἂ πεϑάνω καὶ γυρίσω, τότε νὰ τὸ μαρτυρήσω.

3

Nach letzterer Stelle befindet sich die todte-erweckende Schwalbenmilch zwischen zwei sich öffnenden und schliessenden Bergen.

Quelle:
Meyer, Gustav: Albanische Märchen. In: Archiv für Litteraturgeschichte, 12 (1884), S. 137-144.
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