Hundertsiebenundachtzigste Geschichte

[206] geschah bei dem Rabbi Jehude Chossid un mit einem Godel (Großen), der wohnt zu Speier. Der war geheißen Rabbi Jehude ben Schneier. Der wandert nach Regensburg un kam eben an Erew Pessach (Vorabend von Ostern) zu Rabbi Jehude Chossid. Un wie er die erste Nacht den Seder (Ceremonie des 1. u. 2. Pessach-Abends) tät, da war der Rabbi Jehude Chossid gar fröhlich. Un da das der andere Chossid von Speier sah, daß Rabbi Jehude Chossid also fröhlich war, da sie nun den Seder hatten aus getan, da sprang der Chossid von Speier vor dem Tisch herfür vor großen Freuden. Da fragt ihn Rabbi Jehude Chossid, warum er so fröhlich wär. Da sprang er erst noch mehr un klappt mit Freuden seine Hände. – Da sprach Rabbi Jehude Chassid noch einmal zu ihm, warum er also fröhlich war. Da sprach der Chossid von Speier: »Drum bin ich so fröhlich, weil ich dich hab so fröhlich gesehen. Dasselbige hat mich so derfreut in meinem[206] Herzen.« Da sprach Rabbi Jehude Chossid: »Ich will dir sagen, westhalben ich bin so fröhlich gewesen. Derweil wir haben den Seder getan, da is Elijohu hanowi (der Prophet Elia) bei uns gewesen.« Da sprach der Chossid von Speier: »Ei weh zu mir, daß ich bin nit würdig zu sehen auch Elijohu hanowi.« Da sprach Rabbi Jehude Chossid: »Ich sag zu dir, daß er is nahender bei dir gesessen as bei mir.« Aber doch war der Chossid von Speier unmutig. Bis Rabbi Jehude Chossid zu ihm sagt: »Du bist versichert, daß du ein Benaulomhabo (Teilhaber der andern Welt) bist, un du brauchst dich auch nit zu ferchten, daß du Grabesnöte wirst leiden nach deinem Tod.« Da sprach der Rabbi Jehude Chossid noch mehr: »Es sind drei Mannen in dieser Welt, die sind die besten in dieser Welt, un du bist einer von ihnen. Der Heilige, gelobt sei er, laß uns ihren Sechus (Verdienst) genießen.« Omen.

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 206-207.
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