XXVI.

[53] Abulfaredsch von Isfahan erzählet, daß [Rand: Alaim.] unter der Regierung des Chalifen Hescham, des Sohnes Abdolmeleks, der Sekretair Junis eine sehr schöne Sklavin gekauft. Nachdem er sie in allem, was den Geist und den Körper bildet, unterrichten lassen, war sie wenigstens hundert tausend Dirhems werth. Er zog mit derselben gegen Damaskus, und die Karawane machte an einem, nicht ferne von der[53] Stadt gelegenen Orte, ihren gewöhnlichen Halt. Ein junger, wohlgebildeter Mensch kam von der Stadt geritten, grüßte den Sekretair, und begehrte zu essen und zu trinken als Gast.

Er blieb bis gegen Abend, und fragte endlich, warum Junis mit der Karawane gegen Damaskus gezogen? – Um meine Sklavin zu verkaufen. – Wie theuer? – Hundert tausend Dirhems. – Der junge Mensch handelte bis auf die Hälfte herunter, versprach das Geld am nächsten Morgen zu bringen, und sprach dem Sekretair mit so vieler Wohlredenheit zu, daß er ihm die Sklavin auf der Stelle übergab. Sobald sie aber abgeführet war, reute es ihn des dummen Streiches, seinen Schatz einem Unbekannten, auf sein bloßes Gesicht, und ohne andere Sicherheit, übergeben zu haben. Er durchwachte die Nacht in der größten Ungeduld.

Mit Tagesanbruch erschienen zwey Sklaven, die nach ihm fragten. Sie sagten ihm, der junge Mensch, der gestern gekommen, sey Welid Ben Sehel, der Thonerbe des Chalifates, Junis folgte den beyden Sklaven in den Pallast Welid's. Der Prinz fragte, ob es ihm nicht schon gereuet, seine Sklavin einem Unbekannten verkauft zu haben? Junis, der nichts Beleidigendes antworten wollte, erwiederte, er habe in den Edelmuth und Hochsinn, den des Prinzen Gesichtszüge aussprachen, festes Vertrauen gesetzet; – das nicht betrogen werden soll, fiel ihm[54] der Prinz ein. – Wenn es dich nicht gereuet, deine Sklavin einem Unbekannten anvertraut zu haben, so hat es mich schon zehnmal seit gestern gereuet, daß ich mit ihr so davon geeilet. Nun wollen wir den Kauf mit etwas kälterem Blute schließen. – Junis dachte, der Prinz wolle ihm die Sklavin zurückgeben. – Du läßt sie mir für fünfzig tausend Dirhem, wie gestern, nicht wahr? – Ja. – Hier ist das Geld, und für die Unruhe, die ich dir durch die vorschnelle Entführung derselben hätte verursachen können, fünfzig tausend andre Dirhem. – Der Sekretair kehrte zufrieden zurück aus Damaskus.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 53-55.
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