4. Einzelnes.

[397] 1. Aus Süd-Indien.


In Südindien soll der Hornvogel vor seiner Verwandlung durch Vishnu ein Kuhhirt gewesen sein, der der heiligen Kuh einen Trunk Wasser versagte, als sie[397] durstig war. Bei der Verwandlung bekam er einen Schnabel, mit dem er seinen Durst nur löschen kann, wenn er ihn beim Regen in die Höhe hält.


  • Literatur: Calcutta Review 1901, July-Oct., p. 73.

2. Aus Thrazien.


Das Hirtenbübchen ist ein Vogel, welcher der Schnepfe gleicht, mit aschgrauen Flecken und langem Schnabel, der immer auf dem höchsten, kahlen Aste eines grünen Baumes sitzt und singt, und sein Gesang ist wie das Pfeifen des Hirten, wenn er die Schafe ruft. Er war auch einmal ein Hirt und hatte einen grausamen Herrn. Eines Tages ging er zu einer Arbeit, und als er wiederkam, fand er seine Schafe nicht. Aus Kummer und Angst vor seinem Herrn bat er Gott, ihn zu einem Vogel zu machen und ihn hoch auf die Bäume fliegen zu lassen, ob er nicht irgendwo seine Schafe sähe.


  • Literatur: Politis, παραδόσεις Nr. 340.
    P. vergleicht hierzu eine mittelalterl. Variante aus dem sog. Pulologos bei Wagner, Carmina Graeca medii aevi S. 197.

3. Aus Rumänien.


Einem Mädchen, Florea mit Namen, starben beide Eltern; es mußte sich nun sein Brot selbst verdienen und wurde Hirtin. Als diese nun eines Tages auf der Weide einschlief, liefen ihre Pferde davon, und sie mußte sich dann auf die Suche machen. Aber nirgends konnte sie die Tiere finden.

Nach Hause wagte sie sich nicht aus Furcht vor ihrem Herrn; daher zog sie weiter. In ihrer Not flehte sie zu Gott; an einer Quelle schlief sie ein, und wie sie erwachte, war sie nicht mehr Florea, sondern der Pirol, der sich noch heute vor dem Herrn der Pferde fürchtet.


  • Literatur: Marianu, Ornitologia 2, 136.
Quelle:
Dähnhardt, Oskar: Natursagen. Eine Samlung naturdeutender Sagen, Märchen, Fabeln und Legenden, 4 Bände, Leipzig/Berlin, 1907-1912, S. 397-398.
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