[84] 31. Warum die Kinder krank werden und schreien

Einst ging ein Mann in den Wald, um Rehe zu jagen. Er machte sich eine Jagdhütte auf einem Heuschreckenbaum. Dahinein setzte er sich, nahm Pfeil und Bogen zur Hand und wartete, daß die Tiere kämen, um von den Früchten zu fressen, die heruntergefallen waren.

Nach einiger Zeit kam die Frau eines Waldgeistes daher. Sie hatte ihr Kind an der Brust und trug einen Korb am Stirnband. Als sie alle die schönen Früchte am Boden verstreut sah, setzte sie ihr Kindchen nieder gerade auf die Stelle, über der der Mann saß, ging rund um den Baum herum und sammelte die Früchte in ihren Korb. Unterdessen schoß der Mann auf das Kind, so daß es schrie. Die Mutter eilte zurück und fand das Kind schreiend ohne sichtbaren Grund. Sie befühlte es, aber sie entdeckte keinen Pfeil. Da brachte sie es zu dem Zauberarzt ihres Stammes, und dieser fand gleich, was ihm fehlte. Er zog[84] den Pfeil heraus und zeigte ihn der Mutter. Er sog ihn heraus aus dem Kind. »Nun gut,« rief die Mutter aus, »gerade wie dieser Mann mein Kind geschossen hat, so wird mein Gatte fortan die Kinder seines Volkes schießen. Weinen sollen sie, ohne daß jemand die Ursache kennt!«

Quelle:
Koch-Grünberg, Theodor (Hg.): Indianermärchen aus Südamerika. Jena: Eugen Diederichs, 1927, S. 84-85.
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