80. Das Salzfeld

[273] Das Dorf Lahitsch liegt in den Bergen, fern von jeder Stadt, und darum fehlte es den Lahitschern oft an verschiedenen Produkten, besonders an Salz. Um diesem Übelstande abzuhelfen, beschlossen zwei von ihnen, zwei Brüder, Salz zu säen, dann brauchten sie überhaupt nicht mehr in die Stadt zu laufen und Geld konnte man auch noch dabei verdienen. Gesagt, getan. Ein großes Feld wurde mit Salz besät und als der Frühling kam, lag es nackt und schwarz da, während rings herum alles grünte und blühte.

»Warum nur unser Salz nicht aufgeht,« sagte der eine der beiden zum andern, »vielleicht hat man es uns gestohlen. Wir wollen einmal nachsehen.« Und so wanderten sie hinaus auf ihr Salzfeld und fanden da einen großen Mückenschwarm, von der Art, wie man sie häufig auf salzigem Boden trifft. »Da haben wir's ja, die haben uns unser Salz gefressen, schieß sie tot, schieß sie tot!« Und alsbald erhob sich ein fürchterlich Schießen. Als sie von dem Schießen genug hatten, setzten sie sich nieder, um auszuruhen und einen Imbiß einzunehmen. Da kamen auch schon die Mücken, und eine, eine ganz freche, setzte sich dem einen Bruder auf die Stirne. Ganz vorsichtig, ohne sich zu rühren, sagte der's dem andern; der nahm seine Flinte, zielte lange und schoß die Mücke auch wirklich tot.

Quelle:
Dirr, A.: Kaukasische Maerchen.Jena: Eugen Diederich, 1922, S. 273-274.
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