Der Frühling kam. In duft'ge Rosenmatten
Verwandelt ist die Welt. Die Rose blüht
An Baum und Strauch, im Abendschatten
Singt heut der Sprosser schon sein Klagelied.
Zur Wonne treibt mit lautem Jubelschallen
Des Frühlings knospenreiche Werdezeit.
Entzücken schwellt die Brust. Sie bringt vor Allen
Den Liebenden der Liebe Seligkeit.
Mit Zier und Schmuck erschien, in goldig-zarten
Gewändern, weiss und rot, der Holden Kranz,
So dass die Welt gleich einem Tulpengarten
Ringsum erstrahlt von ihrer Schönheit Glanz.
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Unendlich war mein Liebesschmerz. Versunken
In ihrem Anblick schwanden mir die Sinn'.
O, tadelt mich nicht, wenn ich wonnetrunken
Wie die Verliebten alle heute bin.
Im Frühlingsaufzug kamen in dem Reigen
Die Rosenwangigen gepaart heran:
Die Lippen, rot, wie dem Rubin es eigen,
Zu zuckersüssen Worten aufgethan.
Und sollten die cypressengleichen Schlanken
Den Schleier lüften, brächt' es sichern Tod
Für Tausende, die von den Blicken sanken; –
Doch ist um Liebe sterben nicht Gebot?
Unendlich viele seh' ich sich ergehen,
Der Augenbrauen Schwung mit Schwarz getränkt;
Von Wang' und Händen Rosendüfte wehen,
Entschleiert und in Schleier tief versenkt.
Nun sagt mir, welcher soll den Kranz ich reichen?
Wie leicht bei so viel Glanz das Auge irrt,
Da Alle strahlend schön dem Monde gleichen,
Da ihrer Schönheit Pracht Sejdai ganz verwirrt?