Der Affe und der Zwerghirsch.

[293] Einst, als der Zwerghirsch und der Affe mit einander scherzten, da sagte der Affe: »Was ist doch das Gelbe da, Zwerghirsch, neben dem Hause des Tuba?« »Das sind Apfelsinen,« erwiderte der Zwerghirsch, »an denen Tuba seine Freude hat.« Da fragte der Affe: »Wie ist es doch, wenn sie abprallen, giebt das auch einen Schlag auf den Boden?« Darauf der Zwerghirsch: »Es giebt einen Schlag.« Der Affe: »Was[293] ist das erste, der Schlag oder das Rauschen, wenn sie fallen?« Der Zwerghirsch: »Erst rauscht es, und dann giebt es einen Schlag.« Der Affe: »Nicht doch, erst giebt es einen Schlag und dann rauscht es.« Der Zwerghirsch: »Nicht doch, Affe, kehre die Sache nicht um, mache nicht den Ausfluss zur Quelle und die Quelle zum Ausfluss; warum sagst du denn, erst gebe es einen Schlag und dann rausche es?« Der Affe: »Halt, wir wollen klagen gehen zu Tuba.« Und sie gingen. Aber der Affe war schneller, der Zwerghirsch kam langsam nach. Als der Affe in Tubas Haus kam, da sagte Tuba: »Dass dich doch, Affe, was kommst du ins Haus hinein?« »Nicht doch, Herr,« erwiderte der Affe, »ich habe gewettet mit dem Zwerghirsch, wenn deine Apfelsinen dort abfallen,« da sage ich zu ihm: »Erst giebt es einen Schlag, und dann rauscht es,« dagegen sagt er: »Nein, erst rauscht es, und dann giebt es einen Schlag.« Da sagte Tuba: »Der Zwerghirsch hat recht, Affe.« »Nicht doch, Herr,« erwiderte der Affe, »gieb mir recht, lass den Zwerghirsch nur verlieren, dann kannst du ihn als Zuspeise nehmen, er schmeckt gut und ist gut als Zuspeise zu gebrauchen, ich dagegen tauge nicht dazu, ich habe einen eigenen Geruch und bin noch dazu so mager.« »Gut«, sagte Tuba, »so sei es, ich werde ihn nehmen als Zuspeise für mich.« Da kam der Zwerghirsch; er ging durch das Hundeloch. Und er sagte zu Tuba: »Ich habe gewettet mit dem Affen, Herr, in Bezug auf deine Apfelsinen,« ich sagte zu ihm: »Zuerst rauscht es, dann giebt es einen Schlag,« er aber sagte: »Nein, zuerst giebt es einen Schlag und dann rauscht es; und darum kommen wir zu dir.« »Der Affe hat recht, Zwerghirsch,« sagte Tuba, »und Du hast unrecht.« »Aber warum verdrehst du das Recht, Herr?« erwiderte der Zwerghirsch: »Ich werde dich als Zuspeise für mich nehmen, das ist dein Teil.« Und er nahm ein Messer und schnitt dem Zwerghirsch den Hals ab. Und als nun der Zwerghirsch verloren hatte, da ging der Affe von dannen.

Und Tuba kochte den Zwerghirsch, und als das Wasser[294] Blasen warf und beinahe kochte, da rührte Tuba darin, und wie er so rührte, da platzten die Gelenke des Zwerghirsches und es spritzte in Tubas Augen. Da sagte Tuba: »Du hast mich betrogen, Affe, es ist doch grossartig mit dir! Weil du gesagt hast«: »Nimm meine Partei, und nimm den Zwerghirsch nachher als Zuspeise für dich; darum spritzt mir die Sache jetzt in die Augen, das ist allein deine Schuld.« So geschah es; Tuba brachte einen Unschuldigen ums Leben und darum spritzte ihm die Sache in die Augen.

Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Anthologie aus der asiatischen Volkslitteratur. Weimar: Verlag von Emil Felber, 1898, S. 293-295.
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