Marischiten.

[162] Einst lebte in der Provinz Yamato ein Samurai, der sich lange Zeit vergebens bemühte, die Künste des Fechtens zu erlernen. Und wie er nun Tag für Tag seine Gebete an die Götter richtete, ihm Geduld und Ausdauer zu verleihen und ihm ihre Hülfe angedeihen zu lassen, damit sein Wunsch endlich in Erfüllung gehen möge, da erschien ihm eines Tages ein weißgekleideter Gott, der in jeder Hand einen Zweig des heiligen Sakakibaumes trug. Der Samurai, der sich erstaunt über die Erscheinung zu Boden warf, hörte zu seiner großen Freude, daß seine frommen Gebete erhört seien; denn der Gott eröffnete ihm, daß er Marischiten heiße und gekommen sei, den japanischen Kriegern das kunstgemäße Fechten beizubringen. Der hocherfreute Samurai dankte dem Gotte Marischiten voll Demuth, und alsobald begann dieser seine Unterweisung. Er reichte seinem Schüler den einen der Sakakizweige, er selbst hielt den andern in der Hand, und so den heiligen Zweig in der Luft schwingend, ging er alle Hiebe und Paraden mit dem Samurai durch, der nun mit einem Male ein guter, gewandter Fechter wurde. Noch viele andere tapfere Krieger in Japan erlernten darauf die Kunst des Marischiten, und so ist es gekommen, daß dieser Gott bei den[162] Japanern hoch in Ehren gehalten wird. Es heißt aber, daß wenn ein Krieger noch so geschickt in seiner Kunst ist und alle Handgriffe versteht, er dennoch nichts zu leisten vermag und keinen Ruhm erlangt, wenn er nicht an Marischiten glaubt und fromme Gebete zu ihm sendet.

Quelle:
Brauns, David: Japanische Märchen und Sagen. Leipzig: Verlag von Wilhelm Friedrich, 1885, S. 162-163.
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