Vorwort.

Zur Einführung dieses zweiten Bandes bedarf es nur weniger Worte. Bei der Abfassung der Uebersetzung haben wir vor Allem zwei Arten von Lesern in's Auge gefasst. Zunächst wollten wir dem Orientalisten, welcher sich in unsre neusyrischen Texte hineinarbeiten will, ein Mittel zum Verständniss derselben an die Hand geben; in zweiter Linie war uns das Bedürfniss des Sagenforschers, dem oft ein geringfügiger und überflüssig erscheinender Zug als wichtige Parallele dienen kann, massgebend. Da das Buch somit ausschliesslich für wissenschaftliche Leser bestimmt war, so kam es uns, schon der Neuheit der Sprache des Originals zu Liebe, auf möglichst treue Wiedergabe des Ueberlieferten an. Dabei haben wir uns nicht gescheut, auch solche Stellen, welche einem andern Publikum gegenüber hätten unterdrückt werden müssen, wörtlich in's Deutsche zu übertragen; lateinisch anzuwenden, schien uns aus mehr als einem Grunde zwecklos.

Trotz dieses Strebens nach Genauigkeit durften wir nicht in den Ton einer Interlinearversion verfallen; wir mussten die lose an einander gereihten Sätze des Originals durch unsre syntaktischen Mittel in logische Verbindung mit einander bringen. Hierin haben wir uns bei den später übersetzten Geschichten sogar etwas mehr Freiheit gestattet. Einzelne Sätze, die sich jener Verbindung nicht fügten, mussten geradezu als Parenthesen angesehen und als solche durch Klammern kenntlich gemacht werden. Von ihnen wird man leicht die meist in eckige1 Klammern eingeschlossenen Ergänzungen unterscheiden, welche wir statt besonderer Anmerkungen hin und wieder eingeschaltet haben. Etwaige sonstige Ungleichheiten sind darauf zurückzuführen, dass die Arbeit nicht bloss von Einem ausgeführt wurde.[4]

Da wir bei den oben an zweiter Stelle genannten Lesern eine Bekanntschaft mit den Lautverhältnissen der semitischen Sprachen nicht voraussetzen durften, so sind wir bei der Schreibung der Eigennamen von der in den Texten angewandten Transcription verschiedentlich abgewichen. Wo die Laute sich mit denen des Deutschen irgendwie deckten, haben wir Buchstabenzusammensetzungen (wie tsch) der Anwendung diakritischer Zeichen vorgezogen; die letzteren führen, wie jeder weiss, in den Händen von Laien allzuleicht zu Verwirrungen und Missverständnissen. Der Nichtorientalist spreche einfach ḥ wie h, ṭ wie t, q wie k, th und dh wie das englische harte und weiche th, ç wie im Französischen, gh in allen Fällen wie das g der Ostpreussen z.B. in »Tage«, das ' in der Wortmitte als Hiatus, am Wortanfange mag er es ganz ignoriren; s ist stets scharf, f2 weich zu sprechen; als Majuskel des weichen Lautes dient S, als solche des scharfen Ss.

Als Zeichen der betonten Länge haben wir in den meisten Fällen den Circumflex angewandt, zuweilen falscher Betonung durch ein ñ vorgebeugt. Von den Anmerkungen enthalten einige Nachträge und gelegentliche Mitteilungen des Erzälers, andere sollen das Verständniss schwierigerer Stellen fördern helfen. Zu diesem Zwecke haben wir öfters die neuere Literatur über Land und Leute herangezogen; wegen der durchgängigen Gleichheit orientalischen Lebens durfte hierbei auch über Kurdistan hinaus gegriffen werden. Die Anmerkungen wurden von uns gemeinschaftlich ausgearbeitet; einzelne mit Socin's späterer Reise in Zusammenhang stehende Zusätze sind, mit S. unterzeichnet, in Klammern gesetzt. Für einige zoologische Notizen sind wir unsern Collegen Bertkau und Eimer zu Dank verpflichtet. Was wir über die vorkommenden Orts – und Stämmenamen beizubringen wussten, wurde in einen besondern Index verwiesen. Ausserdem haben wir das Buch mit einem ausführlichen Sachregister ausgestattet und in demselben das für Märchenforschung und Volkskunde wichtige Material zusammengestellt.


16. April 1880.

Die Herausgeber.


Fußnoten

1 Statt der runden Klammern setze eckige 20, 29; 24, 30; 25, 28; 30, 3. 5; 33, 21; 39, 9 v.u.; 55, 15. 7 v.u.; 63, 3.


2 Vorwort und Vorwort haben wir hier nicht unterschieden.
[5]

Quelle:
Prym, E./Socin, A.: Syrische Sagen und Märchen aus dem Volksmunde. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprechts Verlag, 1881.
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