Sprichwörter1

von Abgar Joannissiany.

[134] Ich kenne viele Lieder, aber ich kann nicht singen.

Wenn du siehst, dass das Wasser dir nicht folgt, so folge du ihm.

Wenn ein Baum umstürzt, finden sich viele Holzhauer.

Wer ins Wasser fällt, braucht sich nicht vor dem Regen zu fürchten.

Ein guter Schwimmer findet sein Ende im Wasser.

Starker Essig zersprengt sein Gefäss.

Die Hunde zanken mit einander, aber gegen den Wolf sind sie einig.

Den Stummen versteht Gott.

Erst wer lesen kann, ist ein Mensch.

Das Küchlein zeigt sich im Ei, das Kind in der Wiege.

Was man als Kind erwirbt, das dient im Alter als Stütze.

Ein Verstand ist gut, zwei sind besser.[135]

Fange mit dem Kleinen an, damit du das Grosse erreichst.

Ein erfahrener Teufel ist besser als ein unerfahrener Engel.

Was der Grosse sagt, das hört der Kleine.

Wer ein Ei stiehlt, der stiehlt auch ein Pferd.

Drehe so, dass weder Bratspiess noch Braten verbrennt.

Einer kann den Ruf von Tausenden verderben.

Das Schwein sagte: seit meine Kinder sich vermehrt haben, bekomme ich nirgends mehr reines Wasser zu trinken.

Wie du redest, so wirst du auch zu hören bekommen.

Der Grossvater hat unreife Weintrauben gegessen, da bekam der Enkel stumpfe Zähne.

Eine schlechte That erzeugt eine andere.

Gehe nach Hause, wenn der Tisch gedeckt ist und in die Kirche, wenn sie bald aus ist.

Zu Hause Teufel, draussen Pfarrer.

Gott hat Mann und Weib geschaffen, wer hat denn den Mönch geschaffen?

Arm und stolz.[136]

Im Traume sieht der Hungrige Brot, der Durstige Wasser.

Ehe der Dicke mager geworden, ist der Magere schon tot.

Isst ein Reicher eine Schlange, so heisst es, es ist Arzenei, thut es aber ein Armer, so heisst es, er hat Hunger.

Wünsche deinem Nachbar eine Kuh, damit Gott dir zwei giebt.

Für die Katze ist es ein Spiel, für die Maus der Tod.

So lange das Kind nicht weint, säugt es die Mutter nicht.

Im Wasser hat der Fisch keinen Wert.

Der Blinde hat keinen höheren Wunsch, als zwei Augen zu haben.

Der Dieb wünscht nichts mehr als eine dunkle Nacht.

Ein Dieb bestahl einen andern und Gott wunderte sich darüber im Himmel.

Wer Geld hat, hat keinen Verstand, wer Verstand hat, hat kein Geld.

Wer bittet, ist unverschämt, aber der ihm nicht borgt, ist noch einmal so unverschämt.

Lieber das Auge verlieren als den Ruf.

Was der Wind bringt, das wird er auch wieder wegtragen.[137]

Ein schlechter Hund frisst weder selbst, noch giebt er es anderen.

Laufen ist auch eine Kunst.

Schwarz und weiss kann man erst im Bade unterscheiden.

Das Wasser wird schon seinen Weg finden.

Was kümmert es den Blinden, dass das Licht teuer wird.

Sprich wenig und du wirst viel hören.

Niemand weiss, ob sein Licht bis zum Morgen brennt.

Wer die Wahrheit spricht, muss einen Fuss im Steigebügel haben.

Je mehr du nach dem Hunde Steine wirfst, desto mehr bellt er.

Eine Blume macht noch keinen Frühling.

Eine Hand kann nicht klatschen.

Das Gold ist klein, sein Wert gross.

Zu Hause ist der Hund sehr brav.

Beobachte die Mutter und nimm die Tochter.

Der Baum sprach zur Axt: du könntest mich nicht fällen, wenn dein Stiel nicht von mir wäre.

Hast du die Hälfte verloren und hörst dann auf, so ist es schon ein Gewinn.[138]

Gott bedauerte, was weggetragen war, der Wolf aber, was liegen blieb.

Nur ein Bärtiger darf ein Milchgesicht auslachen.

Sprich nicht so toll, der Esel schreit ja im Stalle.

Mit dem vergangenen Tage kann sich kein anderer vergleichen.

Er steigt vom Pferde und setzt sich auf den Esel.

Wird jemand reich, so kommen ihm gleich seine Wände schief vor.

Mache Freundschaft mit dem Hund, aber lass den Stock nicht aus der Hand fallen.

Von dem Ausschlagen des Esels sollst du dich nicht getroffen fühlen.

Man schmiede das Eisen, wenn es heiss ist.

Nimm den Stock und der diebische Hund versteht es.

Bestechungen erleuchten dunkle Pfade.

Als dem Wolfe die Epistel gelesen wurde, sagte er: »macht schnell, sonst läuft das Schaf weg.«

Man hörte, Ali sei gestorben, man wusste aber nicht, welcher.

Der Zornige wird bald alt.

Wer soll arbeiten? Ich und du. Wer soll essen? Ich und du.[139]

Bleibe da, wo es Brot giebt.

Wenn das Brot nur schmackhaft ist, ist mir's gleich, ob es ein Jude oder ein Türke gebacken hat.

Der eine liebt die Rose, der andere die Syringe.

Ehe Susanne sich geputzt hatte, war die Kirche aus.

Der Dumme ging zur Hochzeit und sagte: »Hier ist es ja besser, als bei uns zu Hause.«

Er schläft für sich und träumt für andere.

Der Wiedehopf stinkt, er glaubt aber, sein Nest sei es.

Die Blume fällt unter den Strauch.

Nicht alles, was rund ist, ist ein Apfel.

Was weiss ein Esel von Mandeln.

Ein König muss der Krone würdig sein.

Gehst du irgendwo hinein, so bedenke erst, wie du hinaus kommst.

Wenn das Huhn gackert, so hat es Schmerzen.

Was du heute machen kannst, lasse nicht bis morgen.

Strecke die Füsse nach der Decke.

Wer zuerst spricht, weiss nicht, was der andere ihm antwortet.

Gieb nicht eins, sonst verlangt er zwei.[140]

Winters Rose ist das Feuer.

Das Ende jedes Streites ist die Reue.

Die Welt ist ein Fettschwanz und der Mensch ein Messer.

Aus derselben Blume zieht die Schlange Gift und die Biene Honig.

Mein Herz ist keine Tischdecke, die man überall ausbreiten kann.

Liebe noch soviel, es giebt auch Hass; hasse noch soviel, es giebt auch Liebe.

Das Wasser, in dem ich ertrinke, ist für mich ein See.

So lange der Wagen nicht umwirft, werden die Wege nicht verbessert.

Wenn die Hälfte nicht wahr ist, ist es kein Spass mehr.

Der Armenier hat den Verstand im Kopfe, der Georgier im Auge.

Der Esel kennt sieben Weisen zu schwimmen, sieht er aber das Wasser, so vergisst er alle.

Die Wunde, die ein Dolch sticht, heilt; aber was die Zunge verwundet, heilt nie.

Den guten Ochsen erkennt man im Joche, die gute Frau an der Wiege des Kindes.

Es ist besser, mit einem Vernünftigen Steine zu tragen, als mit einem Verrückten Pilaw zu essen.[141]

Auf den Streit folgt Frieden.

Ein kluger Feind ist besser, als ein dummer Freund.

Früh aufstehen ist noch nicht alles, wohl aber Gottes Hilfe.

Koche erst das Wort im Munde, ehe du es heraus lässest.

Der Schuster geht ohne Schuhe.

Mit Reden bringt man den Pilaw nicht fertig, man braucht dazu Butter und Reis.

Aus dem See komm ich heraus und ertrinke in einem Löffel Wasser.

Ein Kleid, welches man nicht trägt, trägt sich von selbst ab.

Jemehr der Baum Früchte hat, desto mehr neigt er seinen Wipfel zur Erde.

Den Krüppel macht das Grab gerade.

Ich pflanze den Baum, damit er mir Schatten gebe.

Weil die Katze nicht zum Fleische gelangen konnte, sagte sie: heute ist Freitag.

Das Haus, welches die Frau erbaut, wird Gott nicht zerstören, aber die Frau ist imstande, das Haus zu zerstören, welches Gott erbaut hat.

Die Mitgift, die die Frau ins Haus bringt, ist eine Glocke. So oft du vorbeigehst, schlägt dir der Klöppel ins Gesicht.[142]

Was man mit der Muttermilch eingesogen hat, haucht man erst mit der Seele aus.

Durch Nachfragen kommt man nach Jerusalem.

Welchen von den fünf Fingern kannst du abschneiden, ohne dass es dir weh thut.

Wenn die Henne fett wird, legt sie keine Eier mehr.

Der Reichtum des Vaters ist eine Motte für den Sohn.

Weit vom Auge, weit vom Herzen.

Wäre ein Bruder wirklich etwas Gutes, so hätte der liebe Gott auch einen.

Wenn Gott giebt, so giebt er mit beiden Händen.

Der Hahn sagte: Ich krähe, doch ob es Tag wird oder nicht, geht mich nichts an.

Wenn der Regen zu rauschen anfängt, so ist das ein Zeichen, dass er bald aufhört.

Man fragte den Fuchs, wer sein Zeuge sei. Er antwortete: Mein Schwanz.

Eine Tochter ist ein Schatz, der einem anderen gehört.

Die Welt ist eine Treppe, auf der der eine aufwärts, der andere abwärts steigt.

Den Kummer des Armen versteht nur der Arme.[143]

Nur die Erde kann das Auge des Geizigen sättigen.

Der Kinderlose hat einen Kummer, aber der, der Kinder hat, hat tausend.

In einer herrenlosen Kirche wird der Teufel Herr.

Blind kommen wir zur Welt, blind gehen wir hinaus.

Der Reichtum der Welt bleibt in der Welt.

Wenn du in alle Quellen spuckst, woher willst du dann Wasser trinken.

Von einem unverschämten Menschen wendet auch Gott sein Antlitz ab.

Das Auge kann noch einmal so gross werden, aber es wird doch nicht über die Brauen hinaus wachsen.

Die Augen würden sich auch nicht mit einander vertragen, wenn die Nase nicht dazwischen wäre.

Das helle Gold ist für den dunkeln Tag.

Das Kind wird weinend gross.

Die Zeit ist Silber.

So sehr wie sich der Mensch selbst schaden kann, kann ihm kein Feind schaden.

Bevor du den Kummer nicht siehst, wirst du keine Freude sehen.

Bevor der Frühling nicht kommt, wird der Baum nicht blühen.[144]

Wenn meine Grossmutter einen Bart gehabt hätte, wäre sie mein Grossvater.

Den Menschen erkennst du erst, nachdem du mit ihm ein Fass Salz gegessen hast.

Die Hoffnung hat die Welt aufgezehrt.

Jeder Berg hat einen Niedergang und einen Aufgang.

Für jeden Menschen ist der eigene Kummer so gross wie ein Kamel.

Der Bär zürnt dem Walde, aber der Wald weiss nichts davon.

Der Zahn ist uns wert, aber wenn er uns das Leben verleidet, ziehen wir ihn heraus und werfen ihn fort.

Das Schwert Gott schneidet spät, aber tief.

Die Gurgel ist deswegen geringelt, damit das Wort nicht zu schnell herauskomme.

Der gelehrte Fuchs fällt mit beiden Füssen in die Falle.

Wenn der Dorfhund in die Stadt kommt, fängt er an hochpersisch zu bellen.

Der Wolf hat ein Schaf geraubt, wehe dem Bauer, wenn er nur eins hatte.

Der Ziegenbock zieht einer ganzen Herde Schafe einen Ziegenbock vor.

Fürchte das Wasser, welches weder rauscht noch schäumt.[145]

Wenn alles billig ist, ist der Käufer gewissenlos.

Als ich Appetit hatte, hatte ich keinen Pilaw, jetzt da ich Pilaw habe, habe ich keinen Appetit.

Ehe der Kluge seine Sache überlegt, hat der Dumme die seine schon ausgeführt.

Bevor du dem Hunde nicht einen Knochen hinwirfst, schweigt er nicht.

Bevor den Menschen der Schmerz nicht brennt, fällt aus seinem. Auge keine Thräne.

Ein zahmes Kalb saugt sieben Kühe.

Eine Hand wäscht die andere und beide das Gesicht.

Der entschlüpfte Fisch scheint immer gross zu sein.

Der Gast kommt von Gott.

Der Gast ist der Esel des Gastgebers.

Die Katze, die viel miaut, fängt keine Mäuse.

Wenn ich Honig habe, kommt die Fliege selbst aus Bagdad.

Ein naher Nachbar ist besser als ein weiter Verwandter.

Mit einer Hand kann man nicht zwei Melonen halten.

Der Thor hat sich in den Brunnen gestürzt und vierzig Kluge konnten ihn nicht herausziehen.[146]

Einem Kinde, das noch nicht geboren ist, soll man keine Kleider machen.

Eher als du das begreifst, wird der Schweif des Kamels bis an die Erde reichen.

Der Fuchs hat die Welt zerstört und der Wolf deshalb seinen Ruf verloren.

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Ein Teil dieser Sprichwörter wurde bereits im Jahre 1871 im »Ausland« (No. 17) veröffentlicht.

Quelle:
Chalatianz, Grikor: Märchen und Sagen. Leipzig: Verlag von Wilhelm Friedrich, 1887, S. 132-147.
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