[51] 14. Das böse Weib

Es war einmal ein Mann, der hatte eine böse Frau, die war so bös, daß er nicht mit ihr leben konnte. Was sie tun sollte, das tat sie nicht, und was sie nicht tun sollte, das tat sie. Da wollte er sie aus dem Weg schaffen. Er machte sich auf, um in den Wald zu gehen, und sagte zu seiner Frau: »Du kommst nicht mit in den Wald.« Aber die Frau antwortete: »Ich komme doch mit.«[51] – »Wenn du mitwillst, laß den Sack zu Hause!« Da sagte sie: »Den nehme ich mit.« – »Wenn du den Sack mitnimmst, steck keine Steine hinein«, sprach der Mann. Und die Frau antwortete: »Das tue ich doch.« Dann gingen sie zusammen in den Wald und kamen an einen Sumpf. Sie gingen am Sumpf entlang weiter, da kamen sie an eine Quelle. Und der Mann sagte zu seiner Frau: »Beug dich nicht über die Quelle.« Aber sie tat es doch und fiel in die Quelle und blieb auf dem Grund. Da machte sich der Mann auf den Heimweg.

Er kam nach Hause und lebte drei Tage vergnügt. Dann jammerte es ihn, und er sprach: »Ich gehe zu dem Ort und suche sie.« Er nahm einen Strick und eine Axt mit und ging in den Wald. Als er an der Quelle war, band er die Axt an das Ende des Strickes und ließ den Strick in die Quelle hinunter. Dann versuchte er zu ziehen. An dem Strick hing etwas. Er zog und zog so lange, bis es sichtbar wurde – da hing der Teufel am Strick. Als er den sah, erschrak er und wollte ihn wieder hinunterlassen, aber der Teufel flehte: »Laß mich nicht fallen, laß mich nicht fallen, zieh mich heraus! Ich lohne es dir, wenn du mich herausziehst.« Und er tat es. Dem Teufel aber war ein Horn zerschlagen, das böse Weib hatte ihm mit dem Sacke das Horn zerschlagen. Und er erzählte dem Manne: »Es kam ein so böses Weib da hinunter, wie es nichts Böseres auf der Welt gibt. Das schlug mir das Horn entzwei.« Und der Teufel versprach dem Mann, ihn ganz reich zu machen. »Aber«, sagte er, »das kann ich nur, wenn ich in die Königin hineinfahre und sie krank mache. Dann kommst du und machst sie wieder gesund.« – Der Mann hatte aber schon früher Menschen gesund gemacht, die viele Jahre krank gewesen waren.

So geschah es, daß die Königin erkrankte, aber weder der Feldscher noch sonst wer konnte sie gesund machen. Da fanden sie endlich einen, der ihnen sagte, daß es dort hinterm Walde einen Mann gebe, der sie gesund machen könne. Er wurde zu ihr gerufen, und sie fragten ihn: »Kannst du sie gesund machen?« Da sagte der Teufel zu ihm: »Sprich, daß du es kannst.« Und der Mann sprach: »Ja, ich mache sie gesund.« Er behandelte sie viele[52] Tage. Da verließ der Teufel die Königin, und sie wurde gesund. Der König aber gab dem Manne viel Geld, und er wurde reich.

Quelle:
Löwis of Menar, August von: Finnische und estnische Volksmärchen. Jena: Eugen Diederichs, 1922, S. 51-53.
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