4.
Die Thiere und der Teufel.
(Aus Karelen.)

[224] Es war einmal ein alter Mann, der drei Thiere besass: eine Katze, einen Hahn und einen Ochsen. Als man nun einst beim Abendessen sass, sagte der Hauswirth zum Knechte: »Morgen früh musst du die Katze tödten.«

Aber nach dem Essen gab der Knecht der Katze den Rath: »Fliehe, sonst wirst du morgen früh geschlachtet.« Die Katze nahm sich die Warnung zu Herzen, und als[224] man sie am frühen Morgen tödten wollte, war das Opfer fort, von der Katze nichts zu sehen noch zu hören.

Am folgenden Abend sagte der Hauswirth wieder: »Morgen früh muss man unsern Hahn schlachten.« Diesen Befehl des Hausherrn hinterbrachte der Knecht auch dem Hahn, der schleunigst das Gehöft verliess. Auch an den Ochsen kam die Reihe zu fliehen, und alle drei fanden sich im Walde wieder zusammen. Sie wanderten unter den Bäumen dahin; da kommt ihnen ein Wolf entgegen. »Wohin gehst du?« fragen sie diesen. »Ich suche die Herde dort auf«, antwortete der Wolf; »ich will sehen, ob ich nicht ein Lämmchen zum Imbiss erwischen kann.« »Geh nicht hin!« warnten die Andern. »Dort wird man dich tödten; komm lieber mit uns.« Der Wolf willigte ein, und sie gingen vier Mann hoch weiter. Da kommt ihnen ein Bär entgegen. »Wohin gehst du?« fragen sie wiederum. »In die Nähe des Dorfes dort; ich will Hafer fressen«, antwortete der Bär. »Geh nicht hin, du könntest zu Schaden kommen,« sagten die Andern, »komm lieber mit uns.« Der Bär ging denn auch mit ihnen, und als sie zu Fünfen ein Stückchen weitergewandert waren, begegneten sie einem Hasen. Den redeten sie ebenfalls an, und auch ihn gewannen sie zum Gefährten, worauf sie einem Dorf zuschritten und sich anschickten die Badestube zu heizen. Vor der Stube lag ein Hund, der die Andern mit der Warnung empfing: »Geht nicht dort hinein, drin wohnen böse Geister.« Aber die Andern gingen doch hinein. Der Bär legte sich an der Schwelle hin, der Wolf zwischen den Thürpfosten, der Ochs suchte sich den Viehwinkel auf, der Hahn flog auf die Hühnerstiege, die Katze legte sich auf den Ofen, der Hase unter die Bank und der Hund mitten in die Stube.

Da kommt auch der Teufel an die Badestube und öffnet die Thür. Im Nu beisst ihn der Wolf in die Wade, der[225] Bär schlägt ihn mit der Tatze, der Ochs stösst ihn mit den Hörnern, der Hahn fängt an zu krähen und die Katze zu miauen, der Hase springt unter der Bank hin und her und der Hund rennt in der Stube herum. Vor Schrecken über diesen Wirrwarr fiel der Teufel rücklings hin; aber kaum hatte er sich aufgerafft und sich aus den Klauen seiner Feinde befreit, als er auch aus der Thür hinausflog und in eiligster Flucht dem Walde zurannte, wo er seinen Gefährten die Geschichte mit den Worten erzählte:

»Geht nicht mehr in die Badestube: drin hausen Fremde, und gar gewaltige. Ein Schneider stach mich gleich an der Schwelle mit seinen Nadeln, ein rauhhaariger Mann packte mich mit seinen Fäusten an der Brust, ein Schuster schlug mich mit seinem Leistensack, dass ich rücklings hinfiel; Einer auf dem Ofen schlug Feuer an, die Lehrbuben rannten in der Stube herum, sprangen mit glühenden Augen aus einer Ecke in die andere und suchten mich um mich zu prügeln, konnten mich aber nicht finden. Einer (der Hahn) schrie sogar den Andern zu, als ich entfloh: ›Greift den Kerl! Greift den Kerl!‹«

Quelle:
Schreck, Emmy: Finnische Märchen. Weimar: Hermann Böhlau, 1887, S. 224-226.
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