[130] 307. Der eifersüchtige Graf von Ansemburg.

A. Gegen die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts lebte zu Ansemburg ein Baron in glücklicher Ehe mit seiner Gattin, die ein Muster von Schönheit und Tugend war. Da bemächtigte sich die Eifersucht des Grafen und eines Tages durchbohrte er in einem Anfall argwöhnischer Wut seine getreue Gemahlin mit dem[130] Schwerte. Voll Schrecken über diesen Mord, von Gewissensbissen geängstigt, stürzte auch er sich in sein Schwert. Seit diesem Tage irrt der Schatten des unglücklichen Barons allnächtlich in den Schloßruinen umher, indem er Klage- und Jammerlaute ausstößt; zuweilen, besonders wenn der Wind heftig einherbraust, steigern sich die Jammerlaute zu einem furchtbaren Geheul.


L'Evêque de la Basse Moûturie, 331


B. Der Graf von Ansemburg (altes Schloß) schöpfte Verdacht gegen seine Gattin, ward eifersüchtig auf sie und warf sie eines Tages den Felsen hinunter. Bald aber erkannte er, daß er sie unschuldig gemordet, geriet darob in Verzweiflung und fügte sich eines Tages ein Leid auf der Jagd zu. Und deshalb sollen die Eulen noch heute in der Umgegend des Schlosses dem nächtlichen Wanderer durch ihr unheimliches Geschrei Schrecken einjagen. (Die Eulen sind nämlich sehr zahlreich an diesem Ort.)

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 130-131.
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