[311] 212. Witte Juffers und witte Wijven in Frießland.

[311] Corn. Kempii de situ, origine etc. Frisiae. l. III, c. 31.

De Reiffenberg, Nouvelles archives histor. 1829.

Van den Bergh, Nederl. Volksoverlever. en Godenleer.


Zu den Zeiten des Kaisers Lothar waren in Frießland viele Geister und Gespenster, welche daselbst ihr Wesen trieben. Sie wohnten auf einer kleinen Hügelspitze in einer künstlichen Höhle, die jedoch von keiner Menschenhand gemacht war, und hießen gewöhnlich witte Wijven (weiße Frauen). Ueber ihre Gestalt weiß man nichts Bestimmtes. Nächtliche Wanderer, Hirten, Getreidehüter, so wie Gebärende und Kinder führten sie oft heimlich mit sich in ihre Höhlen und unterirdischen Gänge, aus welchen man häufig Seufzen, Kindergeweine und Schluchzen hervordringen hörte. Darum hielt man sorgfältig Wacht bei schwangern Frauen und kleinen Kindern, damit die weißen Frauen sie nicht holten. Eine von ihnen spukt noch bei Bierum, andere bei Golinse, Eenum, Farsum u.s.w.

Heutzutage nennt man sie witte Juffers und unterscheidet sie von den witte Wijven, die einen ganz entgegengesetzten Charakter haben sollen. Sie stehen nämlich den Kindbetterinnen hülfreich bei, führen Verirrte auf den rechten Weg zurück und bezeigen sich in jeder Hinsicht liebevoll und freundlich gegen die Menschen. Auch sind ihre Wohnungen nicht so gar abschreckend, und finden sich stets nahe bei Dörfern oder Städten. Es sind meist Hügel oder mit Bäumen bewachsene Gruben, wie z.B. die bei Lochem in Holland, wo drei witte Wijven zusammen wohnen. In Frießland und Drenthe kennt sie noch jedes Kind. Naht man den Gruben oder[312] Hügeln, oder tritt man in dieselben, so vernimmt man wunderbare Dinge.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 311-313.
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