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[98] Ein Mann aus Żernik ging eines Abends auf die Mühle, die nicht weit entfernt war. Auf dem Wege traf er zwei frauenähnliche Gestalten, welche ganz in Laken (płachty) eingehüllt waren, so dass man von einem Körper nichts sah. Er fragte sie: »Płachytki, wo geht ihr hin?« Und die beiden Gestalten gaben Töne von sich, die denen der Gänse ähnlich waren. Er ging nun hinter den Gestalten her, in der Meinung, dass sie auch nach der Mühle gingen, und ohne seinen Willen folgte er ihnen immer weiter, bis er zuletzt nicht mehr wusste, wo er war; er glaubte, er sässe an einem Ofen und wärmte sich. Erst am Morgen kam er wieder zu vollen Sinnen, und da sass er auf einem fremden Felde unter einem Busch, weit von seinem Hause entfernt. –
Die Plachte, polnisch płachta, ist ein weisses Laken, ein Bettlaken, besonders auch das Laken, in welches die zur Stadt kommenden polnischen Landfrauen ihre Einkäufe binden, um sie so auf dem Rücken nach Hause zu tragen, płachytka also eine Lakenfrau. Dass die płachytki unserer Sage dämonische Wesen sind, ist leicht ersichtlich, und zwar sind es Krankheitsdämonen, und das weisse Laken ist eine Erinnerung an den weissen Totenschleier derselben (vgl. Hanusch, die Wissenschaft des slawischen Mythus S. 322 und Rogasener Familienblatt 6, S. 27). Als vor Jahren einmal die Pest in Gościejewo bei Rogasen wütete, haben die Leute dieselbe (d.i. die Pestjungfrau) in Gestalt einer Plachte auf einem Hause sitzend gesehen. In diesem Hause sind alle gestorben; darnach erhob sich die Plachte in die Luft und flog davon (Pos. Sagenbuch S. 124). Auch in einer Janowitzer Sage (Historische Monatsblätter für die Provinz Posen 3, 30) wird erzählt, dass man am Abend oder in der Nacht die Pest herumfliegen sah; sie hatte dann die Gestalt von grossen Bettlaken und wies oft die verschiedensten Farben auf. Fiel eine solche herumfliegende Pest auf ein Dorf, so starb es ganz aus.