Der nächtliche Fuhrmann.

[132] Unterhalb Malans, wo ein Weg über den durch die Wiesen schlängelnden Mühlbach gegen das Dorf führt, geht es in finstern, stürmischen Nächten unheimlich zu:

Ein wild aussehender, bleicher Mann kommt mit einem fässerbeladenen Wagen, der von einem Paar elenden, struppigen Schimmeln gezogen wird, daher gefahren.[132]

Auf der über den Bach führenden Brücke macht er Halt, steigt von seinem Wagen herab und fängt an, die Fässer mit Wasser aus dem Bache zu füllen. Hat er diese Arbeit beendigt, hockt er sich, ungeachtet der beträchtlichen Steigung des Weges und trotz der Anstrengung der armen Schimmel, die schwere Last bergan zu ziehen, auf den Wagen und treibt das ermüdete Gespann mit Peitschenhieben vorwärts. Mit heiserer, gräßlicher Stimme schreit er in die dunkle Nacht hinein:


»Han' Wasser geschüttet in den Win,

Muß immer und ewig verloren sin!« –


Nach diesem Klageruf, den er drei Male wiederholt, verschwinden Fuhrmann, Gespann und Wagen. –

Dieser spuckende Fuhrmann habe bei Lebzeiten oft die zum Transporte ihm anvertrauten Weinladungen verfälscht, indem er aus jedem Faß ein gewisses Maß des edeln Nasses abzapfte und Wasser nachgoß, bis die Fässer wieder voll waren. –

Nach Andern war es ein Wirth in Malans, der den Wein zu stark taufte.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 132-133.
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