Die Dialen.

[82] Im Unter-Engadin und im Münsterthale erschienen vormals gewisse, feenhafte weibliche Wesen, die sogenannten Dialas.

Sie waren von leidlicher Schönheit, nur etwas entstellt durch die Ziegenfüße. Sie pflegten in Grotten zu wohnen, die sie schön ausschmückten und in denen sie weiche Lagerstätten von Moos sich bereit hielten. Sie waren von gar guter Gemüthsart und erwiesen sich den Menschen gegenüber sehr gutherzig und zuthätig, erschienen öfters den Hülfsbedürftigen, leiteten verirrte Wanderer auf den rechten Weg und bewirtheten Hungrige und Durstige. Armen Leuten, die im Schweiße ihres Angesichtes arbeiteten, linderten sie die Noth.

Wie die Erdleutlein, gleichen auch die Dialen Holda's elbischem Gefolge, den »guten Holden« und dem »stillen Volke«, den Elbinen und Zwergweiblein. – Die »guten Holden« halten gar gerne Friede mit den Menschen, theilen ihnen gerne von ihrem neugebackenen Brode oder Kuchen mit, so auch die Dialen. Man muß sie aber in ihrem stillen Treiben ungestört lassen.

[82] Zwerge und Dialen hassen nichts so, wie Hinterlist und frechen Muthwillen.


Die Sage von der lebendig gewordenen Puppe geht auch in der Alp Drusen im Prätigau, im Münsterthale und in der Almenser Alp.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 82-83.
Lizenz:
Kategorien: