341. Schuhzauber.

[236] 1. Ein Kaplan zu Bristen ging öfters nach Amsteg hinunter. Wenn er dann allemal auf der Heimkehr des Abends den drittobersten Kehr im sogenannten neuen Weg erreichte, geschah es, dass er gar nicht mehr vorwärts kam. Er mochte sich anstrengen und stampfen, wie er wollte, so konnte er doch die Kapelle beim St. Antoni gar nicht erreichen. Das dauerte, bis es am Morgen zu beten läutete. Endlich dachte er, als es ihm wieder einmal so ging: »Da witt etz doch lüegä!« und zog die Schuhe aus und dann den rechten Schuh an den linken Fuss und den linken an den rechten Fuss. Vom Augenblick an konnte er ungehemmt laufen. Seitdem machte er es jedesmal so.

Ähnliche Geschichten werden im Maderanertal oft erzählt.


Andreas Fedier, 48 J. alt, u.a.


2. Pfarrhelfer Josef Maria Arnold von Bürglen (geb. 1807, † 1897) wurde einst auf einem nächtlichen Krankenbesuch[236] in der »hintern Gasse« b'stellt. Da zog er gleitig die Schuhe aus, und jetzt war der Bann gebrochen.

3. Auch in Isental wird behauptet, wenn man festgebannt oder sonst verzaubert sei, so müsse man, um den Zauber zu lösen, nur die Schuhe an den Füssen gegenseitig umtauschen.


Zäzilia Gisler-Walker, 70 J. alt; Hans Aschwanden.


4. Auf einem Versehgang wurde einst Pfarrhelfer Arnold von Bürglen von den Räubern unter dem Glattenried b'stellt. Er aber meinte: »Die können jetzt noch nicht alles,« tat einen oder mehrere Schritte rückwärts und marschierte hierauf unangefochten weiter. Auf dem Heimweg b'stellten sie ihn wieder. Da zog er seine Schuhe aus, nahm sie unter die Achseln und vollendete ungehemmt seine Rückkehr.


Jos. Maria Gisler.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 236-237.
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