1511. Das Westerkind.

[291] Noch gar nicht so lange ist es, seitdem sich folgendes in Silenen zugetragen. Da hatte ein Maitli ein uneheliches Kind, und niemand wollte Pate sein. Endlich suchte die Hebamme ein Haus auf, in dem, wie sie wusste, einige junge Burschen daheim waren. Diese sprach sie um die Patenschaft[291] an. Zuerst schickte jeder den andern, endlich entschloss sich doch einer, dem armen Kinde den Dienst zu tun. Wenige Stunden nach der Taufe starb es. Einige Zeit nachher wurde der Bursche krank und sagte, er müsse sterben. Das Geefli sig'm d'r d'Nacht erschinä-n- und häig'm mid-ämä Fingerli gwunkä. Ass syg äss scheens Ängäli gsy. Seine Ahnung bewahrheitete sich innert wenig Tagen. Das isch äss Weschberli gsy, äss Chind, wo nah d'r Täuf stirbt, ep's ä wältlichi Choscht gnossä het. Dass gäb näiwä-n-äso scheeni Ängäli, hennt-s alligs wellä ha.


1927. Katharina Gamma, 50 Jahre alt.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 291-292.
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