1565. Zwei Bildstöcklein im Maderanertal.

[315] Zu Seewen auf Golzern wohnte ein Bauer; der hatte cheibisch schöne Meitli, und mehrere Buben gingen zu ihnen z'Stubeten. Diesen Buben begegnete öfters ein unbekannter Mann. Sie wurden endlich einig, ihn zu beobachten. Da sahen sie, dass er bis zur Lücke beim Stafeltrog ging und dort wartete und dann einen Mann, der auch herbeikam, auf seinen Rücken lud. Diesen trug er abwärts bis zur Wegscheide »bei den Häusern«, stellte ihn dort ab, lud ihn dann etwa nach einer Viertelstunde wieder auf den Rücken und trug ihn zurück bis zu[315] jener Lücke, wo beide sich trennten und bald verschwanden. Der Träger schwitzte, dass es über ihn herabrann. Endlich befestigte man an dem Gaden bei jener Lücke ein Helgenstöckli, worauf auch die Erscheinung nicht mehr gesehen wurde. Später entfernte man das Helgenstöckli – es ist eine schwarz angekleidete Mutter Gottes – und stellte es drunten im Tale auf der Manuellauwi am Wege wieder auf, und hier ist es jetzt noch. – Das het my Müetter mängisch erzellt. Auch beim Glausen zuunterst auf Golzern war es umghyrig; das änderte sich aber, als man daselbst ein Bildstöcklein mit der Mutter Gottes errichtete.


Johann Tresch, Wyler.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 315-316.
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